› Inquisition - Das Vorgehen der Kirche gegen »Ketzer« und »Hexen«

1.0 Die Entwicklung der Inquisition

Die katholische Kirche hatte im 11. Jahrhundert den Höhepunkt ihrer Macht erreicht. Möglich war dies, da nur sie die Informationstechnik dieser Zeit, das geschriebene Wort, völlig beherrschte und auch die entsprechende Struktur besaß, damit Botschaften und Autorität bis in die entferntesten Winkel Europas verbreitet werden konnten. Es kam in dieser Zeit zu einer Belebung des Handels, auch mit dem Orient.

1.1 Was tun mit neuen Glaubenslehren?

Dies hatte den Nachteil, dass damit nicht nur neue Waren sondern auch fremde Ideen – Glaubensideen, die den alleinigen Machtanspruch der Kirche bestritten – nach Europa gelangten. Zuerst versuchte die Kirche noch mit Geduld und Überredungskunst den neuen Sekten zu begegnen. Da aber viele Sekten aufgrund der Machtstruktur der katholischen Kirche, und des schlechten Beispieles, das viele Kirchenobere abgaben, großen Zulauf erhielten, hatte sie damit keinen Erfolg.

1.2 Erstes unsystematisches Vorgehen gegen »Ketzer«

An einigen Orten griff die weltliche Macht aus eigener Initiative zu drastischen Mitteln, um dieser Bedrohung zu begegnen. Sowohl in Deutschland, England als auch in Frankreich war es üblich, Ketzer öffentlich anzuprangern, zu verstümmeln und häufig dem Scharfrichter auszuliefern.

1.3 Gründung einer zentralen Organisation

Nach dem Auftreten der Albigenser und vor allem der Waldenser wurde die Inquisition als Selbstschutz der katholischen Kirche gegen die vermeintliche Gefährdung durch diese Ketzer gebildet. Im Jahre 1184, das offiziell als das Geburtsjahr der Inquisition gilt, veröffentlichte Papst Lucius III. einen Erlass, worin die Bischöfe und Erzbischöfe aufgefordert wurden, jede Gemeinde ihres Bistums zweimal im Jahr zu besuchen, um dort zuverlässige Menschen ausfindig zu machen, die dabei helfen sollten, Ketzer zu entlarven und einem kirchlichen Prozess zuzuführen. Zwar hat es auch vor diesem Jahr schon Kirchengerichte gegeben, doch zum ersten Mal wurde eine solche Maßnahme von zentraler Stelle verordnet.

1.4 Kampf um die Reinheit des Glaubens

Die Inquisition wurde als Kommission gegründet, die Untersuchungen durchführen sollte und die Verfolgung von Häretikern und Ketzern zur Reinhaltung des Glaubens betrieb. Damit sollte die allgemeine Anerkennung der katholischen Lehre erzwungen werden.

1.5 Erste Erfahrungen

Allerdings waren die Päpste überzeugt, dass sie durch die Einrichtung der Inquisition Milde und Gnade walten ließen. Zum Teil stimmte dies auch, denn vor allem in England, Schottland und Skandinavien, Länder in denen die Inquisition bis ins 15. Jahrhundert nicht eingesetzt wurde, urteilten örtliche geistliche Gerichte über die Ketzer. Die weltlichen Richter waren strenger als die päpstlichen Kommissionen, die sich an die Regel des Inquisitionsverfahren halten musste.

1.6 Eine Institution setzt sich durch

1215 forderte das 4. Lateralkonzil die Auslieferung der verurteilten Ketzer an die weltliche Gewalt, und 1229 regelte das Konzil von Toulouse das Verfahren und die Bestrafung. Die ursprünglich nur für Südfrankreich getroffene Maßnahme breitete sich allerdings auch in andere Landstriche aus. 1231/32 zentralisierte Papst Gregor IX. die Inquisition zu einer päpstlichen Behörde, die von den Inquisitoren (in der Regel Dominikaner) verwaltet wurde, auch um die örtlichen Bischöfe zu entlasten.

2.0 Details eines Inquisitionsverfahrens

2.1 Rahmenbedingungen und Ablauf

Rahmenbedingungen eines Verfahrens:
· Namen von Denunzianten und Zeugen wurden genannt
· Verteidiger wurden nicht zugestanden

Ablauf eines Verfahrens:
· Aufforderung an die Häretiker zur Selbstanzeige
· Vorladung – eventuell Verhaftung zur Vorführung
· Untersuchung mit dem Ziel des Schuldbekenntnisses

2.2 Kooperation mit der weltlichen Macht

Die Todesstrafe war nicht als Bestandteil der päpstlichen Inquisition vorgesehen. Unverbesserliche Ketzer wurden schließlich der weltlichen Macht ausgehändigt, immer aber mit der Bitte um Gnade, damit die Kirchenvertreter nicht die Blutschuld auf sich nahmen (allerdings nicht beim Prozess gegen Johanna von Orleans, sie landete direkt auf dem Scheiterhaufen). Gnade wurde jedoch nur sehr selten gewährt. Der sündhafte Ketzer wurde nach seiner Übergabe und der Verurteilung durch das öffentliche Gericht öffentlich verbrannt.

2.3 Strafausmaß, Folter, ursprünglicher Gedanke

Reuige Ketzer kamen meist mit leichteren Kirchenstrafen davon. Von Papst Innozenz IV. wird im Jahre 1252 zusätzlich noch die Anwendung der Folter gestattet.
Ziel und eigentlicher Zweck der Inquisition war nicht, Ketzer aufzuspüren, um sie dem Feuer zu übergeben, sondern die Rettung der Seelen, wofür jedes Mittel (beispielsweise die Anwendung der Folter) recht war.

3.0 Weitere Entwicklungen

3.1 Politischer Missbrauch

Schon zu Beginn der Inquisition stand nicht nur die Verfolgung der Ketzer aus Glaubensgründen im Vordergrund, sondern sie war stets auch mit politischen und wirtschaftlichen Interessen vermischt, so dass ganze Gruppen missliebiger Personen vernichtet werden konnten, wie beispielsweise der Prozess gegen den Templerorden oder auch das Vorgehen gegen Johanna von Orleans zeigt.

3.2 Wachsende Brutalität

War der Anteil der Todeskandidaten zu Beginn der Inquisition noch relativ gering, wüteten die Inquisitoren später mit unnachgiebiger Härte. So endeten 230 von 251 überlieferten Fällen in Südfrankreich aus den Jahren 1249 bis 1257 mit Gefängnisstrafen. Der weltlichen Macht wurden 21 Menschen übergeben. 1506 ließ der Bischof von Genf mehr als 600 Personen in weniger als sechs Wochen den Feuertod sterben, andere Inquisitoren schickten mehrere Tausend Opfer in den Tod.

3.3 Macht über Leben und Tod

Die mysteriöse und perfekte Organisation der obersten richterlichen Gewalt agierte in dieser Zeit mit einer derartigen Strenge und Kaltblütigkeit, dass ganz Europa von dem von ihr ausgehenden Grauen erfasst wurde. Die Inquisitoren hielten das Leben, die Freiheit und den Besitz aller Bürger in der Hand. Die Denunziation war nicht nur gewünscht, sondern gefordert und wurde auch erfoltert. Verurteilungen waren an der Tagesordnung, Freisprüche waren zu dieser Zeit selten. In jener Zeit der Leidenschaft und des Fanatismus konnte jede Handlung, jede Geste und jede Äußerung, die nicht genau den Vorschriften entsprach, Anlass zu einem neuen Prozess geben.

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