4.0 Weitere militärische Versuche des Westens
4.1 Der vierte Kreuzzug
Der 4. Kreuzzug dauerte von 1202 bis 1204. Papst Innozenz III.
hatte 1198 dazu aufgerufen, aber dieser Kreuzzug erreichte nie das
Heilige Land, sondern wurde vom venezianischen Dogen Enrico Dandolo
aus machtpolitischen Gründen nach Konstantinopel umgeleitet.
Die Kreuzritter hatten sich – gegen das ausdrückliche
Verbot des Papstes – von den Venezianern zu einem Angriff
auf die dalmatinische Küstenstadt Zara überreden lassen.
Nach der Eroberung Zaras griffen die Kreuzritter auf Betreiben Venedigs
in die byzantinische Thronwirren ein, nahmen Konstantinopel, plünderten
und brandschatzten die Stadt, brachten die geraubten Kunstschätze
nach Venedig, zerschlugen das byzantinische Reich und errichteten
das Lateinische Kaiserreich, dessen erster Kaiser Balduin I. wurde.
Erst 1261 eroberte der byzantinische Kaiser Michael VIII. Palaiologos
Konstantinopel zurück und stellte das byzantinische Reich wieder
her.
4.2 Der Kinderkreuzzug von 1212 und weitere Initiativen
Im Frühjahr 1212 brachen einige tausend Kinder, Angehörige
niederer Stände und Arme vor allem vom Niederrhein und aus
Frankreich zum so genannten Kinderkreuzzug auf; die meisten kehrten
schon in Genua oder Marseille wieder um, viele verschwanden spurlos,
sie wurden wahrscheinlich in die Sklaverei verkauft. 1219 hatte
ein christliches Heer auf Initiative des Papstes den ägyptischen
Seehafen Damiette im Nildelta eingenommen. In der Folge sollte Ägypten
angegriffen und Kairo erobert werden. Der Angriff auf Kairo musste
abgebrochen werden, weil die versprochene Verstärkung durch
Kaiser Friedrich II. nicht eintraf, 1221 mussten die Kreuzritter
Damiette wieder aufgeben.
4.3 Der fünfte Kreuzzug
Zum 5. Kreuzzug brach Friedrich II. 1228 auf. Er hatte schon 1215
ein Kreuzzugsgelübde abgelegt und dies 1220 erneuert, seine
Abreise jedoch mehrmals verschoben. Als ihm Papst Gregor IX. mit
Exkommunikation drohte, brach Friedrich im August 1227 schließlich
auf, kehrte jedoch nach wenigen Tagen wieder um, weil er krank geworden
war. Erzürnt exkommunizierte der Papst den Kaiser. Dennoch
machte sich Friedrich im Juni 1228 noch einmal auf den Weg; in Verhandlungen
mit dem ägyptischen Sultan Al-Kamil erreichte er die friedliche
Übergabe der christlichen Stätten Jerusalem, Nazareth
und Bethlehem an das Königreich Jerusalem, wobei den Muslimen
der freie Zugang zu den ihnen heiligen Stätten garantiert wurde,
und einen zehnjährigen Waffenstillstand. 1229 krönte sich
Friedrich, der mit der Erbtochter des Königs von Jerusalem
verheiratet war, selbst zum König von Jerusalem.
4.4 Der sechste Kreuzzug
Den 6. Kreuzzug von 1248 bis 1254 organisierte und finanzierte
König Ludwig IX von Frankreich, nachdem die Muslime 1244 Jerusalem
zurückerobert hatten. Im August 1248 segelte Ludwig nach Zypern,
wo er über den Winter blieb, im Juni 1249 landete er in Ägypten
und eroberte wieder Damiette. Aber der Angriff auf Kairo im Frühjahr
1250 endete mit einer Katastrophe; Ludwig geriet mit seinem gesamten
Heer in Gefangenschaft und kam erst gegen hohes Lösegeld und
die Rückgabe Damiettes wieder frei. Im Mai 1250 segelte er
nach Akko und verbrachte die folgenden vier Jahre im Heiligen Land,
wo er die Verwaltung neu organisierte und Festungen neu bzw. wieder
errichten und ausbauen ließ. Im Frühjahr 1254 kehrte
er nach Frankreich zurück, auch sein Kreuzzug war gescheitert.
4.5 Der siebente und letzte Kreuzzug
Ludwig organisierte 1270 schließlich auch den 7. und letzten
Kreuzzug der abrupt mit dem Tod Ludwigs und Teilen seines Heeres
endete, die vor Tunis einer Seuche zum Opfer fielen.
5.0 Bilanz einer jahrhundertlangen Auseinandersetzung
5.1 Die Kreuzfahrer im Rückzug
Unterdessen gerieten die verbliebenen Kreuzfahrerbastionen in Syrien
und Palästina unter zunehmenden Druck durch ägyptische
Truppen und wurden nach und nach von den ägyptischen Mamelucken
erobert. Als letzte große Festung fiel Akko im Mai 1291, woraufhin
die europäischen Siedler zusammen mit den Templern und den
Johannitern auf Zypern Zuflucht suchten.
5.2 Letzte Bastionen und Stellungen
Um 1306 eroberten die Johanniter Rhodos, das sie praktisch als
unabhängigen Staat und letzten Außenposten der Kreuzritter
im Mittelmeer behaupteten, bis es 1522 an die Türken fiel.
1570 kam auch Zypern, bislang unter venezianischer Herrschaft, an
die Türken. Andere lateinische Staaten, die im Zuge des 4.
Kreuzzuges in Griechenland entstanden waren, hielten sich bis zur
Mitte des 15. Jahrhunderts.
5.3 Eine Idee verblasst
Der Untergang der Kreuzfahrerstaaten im Heiligen Land bedeutete
zwar nicht das Ende der Kreuzzugsbewegung, doch das Echo auf neuerliche
Aufrufe zu Kreuzzügen ins Heilige Land war von nun an äußerst
dürftig. Fortan richtete sich der Kreuzzugseifer gegen Ungläubige
und Ketzer in der eigenen Umgebung, so gegen die heidnischen Litauer
im Baltikum oder die Mauren in Spanien oder die Waldenser.
5.4 Steinerne Zeugen
In Syrien und Palästina hatten die Kreuzzüge nur einige
beeindruckende Burgen als Spuren hinterlassen, so wie Margat an
der syrischen Küste, Montreal in Transjordanien, Crac des Chevaliers
bei Tripolis und Montfort bei Haifa in Israel.
5.5 Humanitäre, kulturelle und wirtschaftliche Folgen
Hunderttausende Muslime und Christen hatten ihr Leben verloren.
West- und Ostkirche blieben getrennt, infolge der Kreuzzüge
vertiefte sich die Kluft zwischen Christen und Muslimen. Allerdings
trug die Begegnung mit dem Islam auch zur kulturellen Entwicklung
des Westens bei, der expandierende Orienthandel bewirkte wirtschaftlichen
Aufschwung, der vor allem den oberitalienischen Handelsstädten
wie Venedig und Genua zugute kam.
Andreas Di Prinzi (Mai 2003, 3BK)
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