› Entstehung NT – Ein Blick in die »Redaktion« der Bibel

1.0 Wie und wann entstand das Neue Testament?

Die frühesten Schriften des Neuen Testaments sind die Briefe des Apostels Paulus. Die Worte Jesu und die Erzählungen über sein Wirken wurden zunächst mündlich weitergegeben; erst als der zeitliche Abstand zu den Ereignissen wuchs, entstand das Bedürfnis nach schriftlicher Auszeichnung. Auf diesem Weg sind die Evangelien entstanden.

Fast alle neutestamentlichen Schriften wurden noch im 1. Jahrhundert n. Chr. verfasst. Damals wie auch später gab es daneben noch eine Vielzahl von Schriften, die im Titel vorgaben, Evangelien, Apostelgeschichten oder Jüngerbriefe zu sein, aber die Botschaft von Jesus Christus oder die Lehre der Apostel aus eigener Sicht wiedergaben. Deshalb musste die frühe Kirche eine Entscheidung fällen, welche Schriften als verbindlich galten. Dabei gab es, durch örtliche oder personelle Gegebenheiten bestimmt, Unterschiede in der Auswahl. Am Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. stand jedoch das Neue Testament im wesentlichen in seinem heutigen Umfang fest.

1.1 Fixierung der verbindlichen Schriften

Die Auseinandersetzungen der Folgezeit führten im 4. Jahrhundert zur endgültigen Festlegung eines Kanons (wörtlich: »Richtschnur«) von 27 Schriften, der seitdem in allen großen Kirchen Geltung hat. In den 27 Schriften des Neuen Testaments wird entfaltet, was Jesus Christus für den einzelnen Menschen und für das Heil der ganzen Welt bedeutet.

1.2 Die Schriften des Neuen Testamentes

Das Neue Testament enthält 27 Schriften. Diese setzen sich folgendermaßen zusammen:
· 5 Geschichtliche Bücher (Vier Evangelien und eine Apostelgeschichte)
· 21 Lehrbücher (Paulusbriefe und Briefe anderer Apostel)
· 1 Prophetisches Buch (Apokalypse des Johannes)

2.0 Eine Theorie zur Entstehung der Evangelien

2.1 Eine Geschichte in drei Versionen - Die Synoptiker

Liest man die Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas, so fällt auf, dass sie viele Dinge aus dem Leben Jesu ziemlich ähnlich erzählen. Weil man ihre Berichte so schön nebeneinander legen und vergleichen kann, werden sie auch »Synoptiker« (Synopse = Zusammenschau) genannt. Kann es sein, dass beim Verfassen der Evangelien einer vom anderen abgeschrieben hat, dass also ein »Schularbeiteneffekt« vorliegt?

2.2 Die »Zweiquellentheorie«

2.2.1 Das Markusevangelium als Quelle Nr. 1

In der teologischen Forschung wurde diese Frage eingehend analysiert und man erklärt sich die Entstehung der Evangelien nun folgendermaßen: Markus gilt als Verfasser des ältesten Evangeliums. Sein Bericht ist der kürzeste und enthält vor allem die Passionsgeschichte Jesu, der eine Einleitung vorangestellt ist. Datiert wird sein Text ca. auf das Jahr 70 n. Chr. Matthäus und Lukas werden ca. um 85. n. Chr. datiert. Man geht davon aus, dass sowohl Matthäus als auch Lukas das Markusevangelium gekannt und daher auch für ihr Werk verwendet haben. So erklären sich die Zeichen literarischer Abhängigkeit zwischen Markus und Lukas und Markus und Matthäus.

2.2.2 Eine zweite, »virtuelle« Quelle

Matthäus und Lukas haben sich jedoch bei ihrer Recherche nicht nur auf das Markusevangelium gestützt. Sie hatten noch eine weitere gemeinsame Quelle, die beide – unabhängig voneinander – benützten.

Wieso man das weiß? Es gibt bestimmte Gemeinsamkeiten zwischen Lukas und Matthäus, die jedoch nicht so gravierend sind, dass sie auf eine direkte Verbindung schließen lassen. Die logische Schlussfolgerung: es gab eine indirekte Verbindung zwischen Matthäus und Lukas über eine gemeinsame Quelle, die beide zitieren, die heute aber nicht mehr erhalten ist. Diese Quelle dürfte Aussprüche Jesu enthalten haben und wird daher Logienquelle oder Redequelle (kurz: Q) genannt.

2.2.3 »Sondergut«

Ergänzt haben Matthäus und Lukas ihre Berichte um individuelle Traditionen aus ihren Gemeinden, sogenanntes Sondergut (so bezeichnet man Geschichten oder Aussprüche Jesu, die nur ein Evangelist überliefert.)

2.3 Und Johannes?

Nicht berücksichtigt ist in dieser Erklärung das Evangelium des Johannes. Dieses entstand vermutlich 95 n. Chr. und repräsentiert eine sehr eigenständige Version der frohen Botschaft.

Nicole Jansky (April 2003, 2AD)

Recherchiert anhand von Informationen der Schweizer Bibelgesellschaft.