2.4 Non-Cooperation und Unruhen
Dennoch wurden die Gesetze verabschiedet. Daraufhin lautete das
Schlagwort Non-Cooperation mit den Briten. Gandhi sah einen Generalstreik
vor, der auch in einigen Städten wie zum Beispiel in Delhi
am 6. April 1919 für 24 Stunden durchgeführt wurde. Bis
zur Verhaftung Gandhis 1922 wurden verschiedene Kampagnen durchgeführt.
Eine Verweigerung der Steuerzahlungen erwog Gandhi, verwirklichte
sie jedoch nicht mehr, da es zu Unruhen kam. Die Gewalt ging nicht
nur von den Briten aus. Auch von Seiten der Inder kam es zu Gewalttaten.
Gandhi stoppte sofort alle Aktionen. Er erkannte, dass das indische
Volk noch nicht reif war für den gewaltlosen Widerstand für
Satyagraha.
2.5 Ein Erzieher des Volkes
Das Volk begehrte gegen alles Britische mit Gewalt auf und setzte
sich nicht für bestimmte gerechte Ziele ein. Es trennte nicht
zwischen guten und schlechten Gesetzen. Gandhi sah die Unruhen als
einen »Himalaja-großen Rechenfehler seinerseits«
an. Ein Fasten stellte sein Buße dar. Nach seiner Entlassung
aus der Haft 1924 betrachtete er die Erziehung des Volkes als seine
wichtigste Aufgabe. Sechs Jahre lang zog er durch das Land, nur
unterbrochen durch ein Jahr, in dem er seine Autobiographie »Meine
Experimente mit der Wahrheit« schrieb.
2.6 Die Spinnrad-Kampagne
Die Erziehung des Volkes war eng verbunden mit dessen Befreiung
aus der Armut. Auf Reisen durch das ganze Land rief Gandhi dazu
auf, zu Hause Spinnräder zu benutzen und selbst Stoffe herzustellen.
Die englischen Stoffe sollten boykottiert werden. Gandhi selbst
ging mit gutem Beispiel voran. Er, der in jungen Jahren die Kleidung
der Briten getragen hatte, trug als einziges Kleidungsstück
nur noch einen Dhoti. Er arbeitete jede freie Minute am Spinnrad,
obwohl seine Frau immer behauptete, er habe zwei linke Hände.
Die Spinnrad-Kampagne richtete sich gegen die Importe englischen
Stoffes, verhalf aber auch den ärmeren Indern zu einem Nebenverdienst.
Bei Besuchen in Großbritannien traf Gandhi mit den Arbeitern
in englischen Tuchfabriken zusammen. Obwohl dies Kampagne zu ihren
Lasten ging, zeigten sie Verständnis für die Lage der
Inder und deren Aktion. Gandhi machte das Spinnrad zum Symbol der
indischen Unabhängigkeit. In dieser Kampagne war es ihm gelungen,
das indische Volk auf einen friedlichen Weg des Widerstands zu führen.
Noch heute ziert ein Spinnrad die indische Flagge.
2.7 Der Salzmarsch
2.7.1 Die Situation
In der Zwischenzeit hatte der INC sich weiter für eine Selbstverwaltung
der Inder eingesetzt, war jedoch erfolglos geblieben. Nun erwog
Gandhi erneut eine Satyagraha-Kampagne. Zum Erstaunen der britischen
Regierung, die mit einer Kampagne zu Erlangung der Unabhängigkeit
gerechnet hatte, kündigte Gandhi eine Kampagne gegen eine Kleinigkeit
an: die Salzsteuer. Auf indisches Salz wurde eine Salzsteuer erhoben.
Ursprünglich war diese Steuer eingeführt worden, weil
die Schiffe, die Gewürze, Tee und andere Luxusgüter von
Indien nach Großbritannien transportierten, nicht leer nach
Indien zurückfuhren, sondern mit englischem Salz beladen wurden.
Um dieses Salz verkaufen zu können, wurde indisches Salz durch
die Salzsteuer verteuert. Obwohl zum Zeitpunkt der Ankündigung
des Salzmarsches kaum noch englisches Salz eingeführt wurde,
war die Steuer nicht abgeschafft worden. Sie hatte sich als sehr
einträglich erwiesen. Für die Inder war sie jedoch fatal.
Gandhi vesuchte der Regierung zu verdeutlichen, wie sehr das Volk
unter der Steuer litt. Ein Arbeiter musste drei Tage arbeiten, nur
um die Salzsteuer aufbringen zu können. Ein Zugeständnis
in Form der Abschaffung dieser Steuer wäre den Briten möglich
gewesen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Auch die finanziellen
Einbußen hätten sie verkraften können.
2.7.2 Gandhis Absichtserklärung
Vor Beginn hatte Gandhi einen Brief an den Vizekönig gesandt:
»Lieber Freund (...) Ich halte die englische Herrschaft für
einen Fluch (...) Ich beabsichtige nicht, auch nur einem Engländer
ein Leid zuzufügen oder ihn in einem legitimen Interesse zu
beeinträchtigen, das er hier in Indien verfolgen mag (...)
Mein Ehrgeiz besteht in nichts Geringerem als darin, das englische
Volk durch Gewaltlosigkeit zu bekehren und zu der Erkenntnis zu
führen, welches Unrecht es Indien angetan hat. Ich beabsichtige
nicht, verletzend zu Ihrem Volk zu sein. Vielmehr möchte ich
ihm ebenso dienen wie meinem eigenen...«
Doch der Vizekönig antwortete nicht einmal persönlich.
Am Abend des 11 März 1930 hielt Gandhi seine letzte Gebetsversammlung
vor dem Marsch ab. »Nach allem, was ich während der letzten
zwei Wochen erlebt habe, bin ich geneigt zu glauben, dass der Strom
derer, die bürgerlichen Widerstand leisten wollen, nicht abreißen
wird. Doch lasst auch nicht den geringsten Anschein entstehen, als
wolltet ihr den Frieden brechen, selbst dann nicht, nachdem wir
alle verhaftet worden sind. Wir haben beschlossen, alle Reserven
für die Verfolgung eines ausschließlich gewaltlosen Kampfes
einzusetzen. Lasst nicht zu, dass jemand im Zorn unüberlegt
Handlungen begeht. Das ist meine Hoffnung und inständige Bitte.
Ich wünschte nur, dass diese meine Worte jeden Winkel und jede
Ecke des Landes erreichten.«
2.7.3 Der Boykott
Daraufhin begann Gandhi am 11. März 1930 in Ahmedabad seinen
Salzmarsch. Begleitet von seinen Freunden und Schülern legte
er unter der Beobachtung durch die internationale Presse in 24 Tagen
385 km zurück. Die Menschen jubelten ihm auf seinem Weg in
Massen zu. Am 15 April 1930 erreichte er sein Ziel, die Stadt Dandi
am arabischen Meer. Am nächsten Tag nahm er ein Bad im Meer
bevor er der Menschenmasse, die sich am Strand um ihn versammelt
hatte, den eigentlichen Zweck dieser Aktion erklärte. Er hob
Salz auf, das sich am Strand abgesetzt hatte, und erklärte,
dass auf diese Art kostenlos Salz gewonnen werden könne. In
den folgenden Tagen entwickelte sich schnell ein illegaler Handel
mit Salz am Strand. Englisches Salz wurde boykottiert. Der Boykott
weitete sich schnell auf andere Güter aus.
2.7.4 Die Kraft der Wehrlosigkeit
Im Zuge dieser Aktion wurden Gandhi und viele seiner Mitstreiter
verhaftet. Die Bewegung ließ sich dadurch jedoch nicht stoppen.
Am 29. Mai 1930 marschierte eine Menschenkette von 2.500 freiwilligen
Satyagrahis zum Salzbergwerk Dharasana, um es friedlich zu besetzen.
Der Bericht des englischen Journalisten Webb Miller über die
darauf folgende Auseinandersetzung ist zur klassischen Schilderung
von Satyagraha in vorderster Kampflinie geworden:
»In vollkommenem Schweigen rückten Gandhis Männer
vor und machten etwa hundert Meter vor den Absperrungen halt. Eine
ausgewählte Kolonne löste sich aus der Menge, durchwatete
die Wassergräben und näherte sich den Stacheldrahtverhauen
(...) Auf ein Kommandowort stürzten sich plötzlich eine
große Meute einheimischer Polizisten auf die vorrückenden
Marschierer und ein Hagel von Schlägen, ausgeteilt mit stahlbeschlagenen
Lathis (Schlagstöcken) ging auf ihre Köpfe nieder. Nicht
ein einziger Marschierer erhob auch nur einen Arm, um die Schläge
abzuwehren. Wie umgestürzte Kegel fielen sie zu Boden. Von
dort aus, wo ich stand, konnte ich das Übelkeit erregende Aufkrachen
der Knüppel auf ungeschützte Schädeldecken hören.
Die wartende Menge stöhnte und sog bei jedem Schlag in nachempfundenem
Schmerz scharf die Luft ein. Diejenigen, die niedergeschlagen wurden,
fielen gleich zu Boden, bewusstlos oder sich windend, mit gebrochenen
Schädeldecken oder Schultergelenken (...). Die bisher verschont
Gebliebenen marschierten, ohne aus ihren Reihen auszubrechen, still
und verbissen vorwärts, bis auch sie niedergemacht wurden.
Sie schritten gleichmäßig voran, mit erhobenen Köpfen,
ohne die Aufmunterung durch Musik oder anfeuernde Rufe und ohne
dass ihnen die Möglichkeit gelassen wurde, schweren Verletzungen
oder dem Tod zu entgehen. Die Polizei machte weitere Ausfälle
und schlug auch die zweite Marschkolonne nieder. Es gab keinen Kampf,
keine Handgreiflichkeiten; die Marschierer schritten einfach weiter
vorwärts, bis auch sie niedergeschlagen wurden.«
2.7.5 Auswirkungen und internationales Echo
Die Männer wurden schwer verletzt. Manche sogar getötet.
Die Frauen schleppten sie zur Seite und verarzteten sie. Daraufhin
bewegte sich die nächste Reihe Männer vor. Die Szene wiederholte
sich - Reihe um Reihe. Beobachter der internationalen Presse waren
schockiert und empört über das Verhalten der Polizisten,
die wehrlose Menschen niederschlugen. Weltweit wurde darüber
berichtet, und weltweit herrschte Entsetzen.
»Europa hat nun sein moralisches Prestige in Asien verloren.«
So drückt Tagore in einem Kommentar aus was viele empfanden.
Und Louise Fischer resümiert (in: Gandhi - Prophet der Gewaltlosigkeit,
München 1954, S 134) über diese Ereignisse: »Als
die Inder sich mit Schlagstöcken und Gewehrkolben zusammenschlagen
ließen, ohne zu zucken, zeigte sich, dass England ohnmächtig
und Indien unbesiegbar war. Die Schlussfolgerung war nur mehr eine
Frage der Zeit.«
Der internationale Druck war so groß, das Gandhi im Januar
1931 aus der Haft entlassen wurde. Ab März desselben Jahres
durfte indisches Salz verkauft werden. Er bereiste abermals Großbritannien.
Von Seiten der Bevölkerung genoss er große Achtung und
Respekt. Er war eine populäre Berühmtheit und traf mit
anderen Berühmtheiten wie z.B. Chaplin zusammen. In den Verhandlungen
mit den Politikern, wegen denen er eigentlich gekommen war, zeigte
sich ein anderes Bild. Der Unabhängigkeit Indiens kam er keinen
Schritt näher.
2.8 Gandhis Einsatz für die Unberührbaren
Wieder in Indien setzte er sich vermehrt für die Kastenlosen
ein, die er als Gotteskinder – Harijan – bezeichnete.
So begann er ein Fasten bis zum Tode, als die Briten getrennte Wahllisten
für die Kastenlosen einführen wollten. Auch gründete
er eine neue Zeitschrift mit dem Titel Harijan. Mit dieser Aktion,
die von vielen Hindus begrüßt wurde, machte sich Gandhi
Feinde unter den orthodoxen Hindus. Mehrmals wurde er verhaftet
und wieder freigelassen.
3.0 Unabhängigkeit Indiens und Tod Gandhis
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, sprach Gandhi sich ab 1939 öffentlich
gegen den Krieg aus. War er in Südafrika und im ersten Weltkrieg
noch für die Unterstützung der Briten eingetreten, rief
er jetzt zum Boykott auf. Die Inder sollten die Briten nicht in
diesem Krieg unterstützen. »Quit India« –
»Verlasst Indien« – lautete ab 1942 die Parole.
In dieser Aktion versagten die Inder die Unterstützung im Krieg,
falls ihnen nicht die Unabhängigkeit gewährt würde.
Gandhi wurde auf Grund dieser Kampagne erneut in Haft genommen.
Er wurde von den anderen Satyagrahis isoliert und im Aga-Kahn-Palast
inhaftiert. Während der Haft starb seine Frau Kasturbai.
Da die Japaner 1942 kurz vor dem Einmarsch in Indien standen, brauchten
die Briten die Unterstützung der Inder und ließen sich
Zugeständnisse abringen. Die Unabhängigkeit Indiens wurde
vom britischen Premierminister Churchill jedoch nie ernsthaft in
Erwägung gezogen. Gandhi wurde 1944 aus der Haft entlassen.
Erst nach dem Krieg und unter der neuen britischen Labour-Regierung
erreichte Indien 1947 die Unabhängigkeit, jedoch nur in Form
von zwei getrennten Staaten: dem muslimischen Pakistan und dem hinduistischen
Indien. Obwohl Gandhi sich mit allen Kräften dafür einsetzte,
konnte er weder Muslime und Hindus noch Briten dazu bewegen, der
Gründung eines gemeinsamen Staates zuzustimmen. Es fanden Völkerwanderungen
der Religionsgruppen in die neuen Staaten statt. Gewalttätige
Auseinandersetzungen blieben nicht aus. Gandhi versuchte, den Frieden
wieder herzustellen. Er zog 1947/48 nach Kalkutta und in andere
umkämpfte Städte und versuchte zu schlichten. Ein Friede
schien unmöglich. Da entschloss er sich erneut zu einem Fasten
bis zum Tode. Die Gesundheit Gandhis schien ernsthaft gefährdet.
Beide Religionsgruppen hätten den Tod Gandhis nicht verantworten
können und schlossen (für kurze Zeit) Frieden. Er zog
damit den Hass fanatischer Anhänger beider Religionen auf sich.
Am 30. Januar 1948 wurde Gandhi von einem fanatischen Hindu ermordet.
Er starb mit dem Wort »Gott« auf den Lippen.
4.0 Mahatma Gandhi in Zitaten
4.1 Über Gewalt und Gewaltlosigkeit
»Ich lehne Gewalt ab, weil das Gute, das sie zu bewirken
scheint, nicht lange anhält; dagegen ist das Schlechte, das
sie bewirkt, von Dauer.«
»Gewalt ist die Waffe des Schwachen; Gewaltlosigkeit die
des Starken.«
»Gewaltlosigkeit wird auf die Probe gestellt, wenn sie der
Gewalt gegenübersteht.«
»Ich kann mir einen schwerbewaffneten Mann vorstellen, der
doch in seinem Herzen feige ist,...echte Gewaltlosigkeit ist unmöglich,
wenn man nicht furchtlos ist.«
»Gewaltlosigkeit in ihrer dynamischen Form bedeutet bewusstes
Leiden. Sie bedeutet nicht, sich demütig dem Willen des Übeltäters
zu unterwerfen, sondern sie bedeutet, sich mit ganzer Seele mit
dem Willen des Tyrannen zu messen.«
»Mein Glaube an die Gewaltlosigkeit verpflichtet mich zu
äußerster Entschlossenheit. Da bleibt kein Raum für
Feigheit oder Schwäche.«
»Bei dem Gewalttätigen besteht immer noch Hoffnung,
dass er eines Tages zur Gewaltlosigkeit findet, beim Feigling nicht.«
4.2 Über Satyagraha
»Die Welt beruht auf den Grundfelsen von Satya oder Wahrheit.
Asatya, gleichbedeutend mit Unwahrheit, bedeutet auch ›nicht
vorhanden‹; und Satya oder Wahrheit bedeutet ›das, was
ist‹. Wenn Unwahrheit nicht einmal vorhanden ist, kann auch
ihr Sieg niemals sein. Und die Wahrheit kann als ›das, was
ist‹ niemals vernichtet werden. Das ist in aller Kürze
die Lehre von Satyagraha.«
»Die Demut eines Satyagraha kennt jedoch keine Grenzen. Er
lässt sich nicht eine einzige Gelegenheit zu gütlichem
Vergleich entgehen und kehrt sich nicht daran, ob irgendwer ihn
etwa für feige hält ... Deshalb ist er höflich gegen
jedermann und erzieht und gewinnt so die Weltmeinung für seine
eigene Sache.«
»Ein Satyagrahi (ein Anhänger der Gewaltlosigkeit) hat
von der Furcht Abschied genommen. Er wagt es, dem Gegner Vertrauen
zu schenken. Auch wenn ihn der Gegner zwanzigmal enttäuscht,
ist der Satyagrahi bereit, ihm das einundzwanzigste Mal zu vertrauen.«
4.3 Über zivilen Ungehorsam
»Ungehorsam ist nur bürgerlich, wenn er ehrlich, rücksichtsvoll,
zurückhaltend, niemals herausfordernd ist. Ihm muss ein wohlverstandenes
Prinzip zu Grunde liegen, er darf nicht launisch sein, und –
vor allem – darf kein böser Wille oder Hass dahinter
stehen.«
»Bürgerlicher Ungehorsam ist das angeborene Recht jeden
Bürgers. Gibt er es auf, hört er auf, ein Mensch zu sein.«
4.4 Über Liebe
»Ich halte mich selbst für unfähig, irgendein Lebewesen
auf der Erde zu hassen. Durch einen langen Weg der Disziplin des
Gebetes habe ich seit über vierzig Jahren aufgehört, irgendjemanden
zu hassen. Ich weiß, das ist ein großer Anspruch. Dennoch
halte ich ihn in aller Demut.«
»Liebe ist die stärkste Kraft, die der Welt zu eigen
ist, und doch die bescheidenste, die man sich vorstellen kann.«
»Mein Leben ist ein unteilbares Ganzes, und alle meine Tätigkeiten
gehen ineinander über; und sie alle haben ihren Ursprung in
meiner nicht zu sättigenden Liebe zu den Menschen.«
4.5 Über Wahrheit
»Eines schlug tiefe Wurzeln in mir: Die Überzeugung
dass Moral die Grundlage der Dinge und dass Wahrheit die Substanz
aller Moralität ist. Wahrheit wurde mein einziges Ziel. Sie
nahm täglich an Bedeutung zu, und meine Vorstellung von ihr
wurde immer weiter.«
»Um den universellen und allgegenwärtigen Geist der
Wahrheit von Angesicht zu Angesicht sehen zu können, muss man
fähig sein, das geringste aller Geschöpfe wie sich selbst
zu lieben.«
»Selbst die geringste Unwahrheit verdirbt den Menschen wie
ein Tropfen Gift einen ganzen See verdirbt.«
»Für mich ist Wahrheit das Grundprinzip, das viele anderen
Prinzipien in sich schließt. Nicht nur Wahrhaftigkeit im Reden,
sondern auch im Denken und nicht nur die relative Wahrheit unseres
Begriffs, sondern die absolute Wahrheit, das ewige Prinzip, das
heißt Gott. Ich bete Gott nur als Wahrheit an. Ich habe ihn
noch nicht gefunden, aber ich suche ihn. Selbst wenn das Opfer mein
Leben fordern sollte, hoffe ich, zu seiner Hingabe bereit zu sein.
Doch solange ich diese absolute Wahrheit nicht verwirklicht habe,
muss ich mich an die relative Wahrheit halten, wie ich sie verstanden
habe.«
4.6 Über seine persönliche Motivation
»Was ich erreichen möchte – wofür ich diese
dreißig Jahre hindurch gekämpft und gelitten habe –
, ist Selbstverwirklichung, Gott von Angesicht zu Angesicht zu sehen,
Moksha (Freisein von Geburt und Tod) zu erlangen. In der Verfolgung
dieses Ziels lebe ich, bewege ich mich und bin ich. Alles, was ich
redend und schreibend tue, alles, was ich auf dem politischen Felde
wage, ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Doch da ich stets glaubte,
was einem Einzelmenschen möglich ist, sei allen möglich,
geschahen meine Experimente nicht im Verborgenen, sondern in der
Öffentlichkeit.«
Birgit Stiedl (Mai 2003, 2AKO)
Quellen: Louis Fischer, Gandhi - Prophet der Gewaltlosigkeit, München 1954, und
weitere Infos über Gandhi.
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