3.0 Exemplarische Traditionen
3.1 Die Religion der Aborigines
Die Ureinwohner Australiens bezeichnen sich selbst einfach als »Menschen«
oder »Leute« und drücken dies in ihrer jeweiligen
Gruppensprache aus. Lange bevor sich die Hochkulturen in unseren Breiten
entwickelt haben, hatte Australien bereits eine Kultur mit ausgeprägten
Sitten und Glaubensvorstellungen aufzuweisen. Über die Herkunft
der Aborigines wird nach wie vor gerätselt. Auch wenn das Alter
dieser Kultur meist auf 50.000 bis 60.000 Jahre geschätzt wird,
deuten neueste Funde darauf hin, dass Australien bereits vor 120.000
Jahren besiedelt wurde.
3.1.1 Unterschiede zur Europäischen
Kultur
Zwischen der Kultur der Aborigines und der westlichen Kultur besteht
ein großer Unterschied im Verhältnis zum Land: Im westlichen
Sinne gehört das Land dem Menschen. Aus der tiefen Verbundenheit
der Aborigines mit allen Elementen kennt der Aborigine keinen Besitz
von Land. Selbst dann nicht, wenn es im westlichen Sinne völlig
»unbewohnt« und »ungenutzt« ist. Das Land
darf nur treuhänderisch verwaltet werden und dies beinhaltet
die kollektive Verantwortung jeder einzelnen Stammes- oder Familiengruppe,
den von ihr bewohnten Lebensraum zu erhalten. Im Sinne der Aborigines
ist die materielle und spirituelle Welt eine untrennbare Einheit,
in der alle Lebewesen und Naturerscheinungen, also auch Flüsse,
Berge, Wälder etc., von einem heiligen Sinn erfüllt sind.
Die Europäer waren, wie schon oft zuvor, die technisch fortgeschrittenere
Kultur und löschten durch ihren Eroberungswahn diese Kultur
fast gänzlich aus bzw. veränderten sie grundlegend. Heute
leben vielleicht noch einige hundert Aborigines nach der Art ihrer
Vorväter, hauptsächlich im Zentrum und im Norden Australiens.
Da das Festhalten von Worten in schriftlicher Form nicht bekannt
war, wurden Geschichte, Tradition, Mythen oder Lieder von den Stammesältesten
an die Jugend weitergegeben.
Die Aborigines waren teilweise Nomaden, was zumeist auf die im Landesinneren
Lebenden zutraf. Durch das kargere Nahrungsangebot waren sie gezwungen,
laufend Standortwechsel durchzuführen. Die in den Küstengebieten
lebenden Einwohner waren durch das wesentlich reichere Nahrungsangebot
(Fische, Wild, Pflanzen etc.) mehr sesshaft.
Die Ureinwohner Australiens haben im Gegensatz zu unserer materiellen
Kultur eine für uns absolut unverständliche, komplexe
Glaubenskultur aufgebaut. Dies hat zur Folge, dass Dinge in den
Glauben eingebunden sind, von denen wir es für gar nicht möglich
halten. Ein simpler Weg, ein Baum oder ein Stein kann spirituelle
Bedeutung haben. Viele Felsen haben mythologische Bedeutung und
erzählen Geschichten. Wo wir nichts sehen, können die
Aborigines Geschichten lesen..
3.1.2 Zentrale Glaubensvorstellungen
Unsere Vorstellung von der Erschaffung der Welt durch unseren Gott
ist bei den Aborigines die »Dreamtime« (Lalei - Anfang
alles Lebens). Die Geschichte lautet etwa so: »Am Anfang war
die Erde flach und leer. Es gab kein Licht oder Leben. Auch Wärme
oder Kälte war fremd für die Erde. Nichts was diesen Ort
schmückte. Dann tat sich der Boden auf und es krochen viele Kreaturen
daraus hervor. Teils Mensch, teils Tier, teils Pflanzen versammelten
sich auf der Oberfläche. Sie wanderten auf der Erde herum und
dadurch entstand alles was es auf der Erde gibt. Die Höhlen und
Schluchten kamen durch das Erscheinen der Kreaturen aus der Unterwelt.
Die Seen und Flüsse sind der Urin und die Tränen der Wesen.
Deren Blut brachte die für Zeremonien so wichtigen Ockerfarben.
Sie erschufen den Menschen und lehrten ihn zu leben und sich zu ernähren.
Diese Wesen legten auch viele der Rituale fest...«
An solchen Plätzen zelebrieren sie bis heute ihre geheimsten
Riten, die aber niemand filmen darf. Hier werden Knaben nach großen
körperlichen Qualen in die Gemeinschaft der Männer aufgenommen.
Die Alten beschneiden die Prüflinge, schlagen ihnen einen Vorderzahn
aus und fügen den Körpern mit Steinmessern tiefe Wunden
zu. Die Regenbogenschlange ist wahrscheinlich das älteste verehrte
Symbol der Erde. Dieses Schöpferwesen soll für die Erschaffung
tiefer Gewässer verantwortlich gewesen sein.
Am Ende der Schöpfung wurden die Wesen eins mit dem Land. Sie
verschmolzen mit den Felsen, Seen, Grotten und Wasserlöchern.
Dadurch entstanden auffällige landschaftliche Merkmale, die
auch heute noch als spirituelle Plätze gelten (Traumplätze),
wo die Kraft der Schöpfer aufbewahrt ist. Solche Stätten
sind zum Beispiel der Uluru (Ayers Rock) aber auch die Kata Tjuta
(Olgas). Aus dieser Vorstellung heraus ist das ganze Land sakrosankt:
Es darf nicht verändert oder gar zerstört werden. Die
Aktivierung der Schöpferkraft erfolgt durch genau festgelegte
Zeremonien. Die geweihten Orte sind tabu für jeden Fremden.
Wer sie betritt, muss sterben.
3.1.3 Magisches Denken und Rituale
Da man Naturkatastrophen (genau so wie bei uns) als Strafe der Götter
ansah, wurden Rituale abgehalten, die die Götter dazu bringen
sollten, die Natur im Gleichgewicht zu halten. Bekam ein Gott nicht
das ihm zustehende Ritual, so glaubte man, werde man durch die Natur
bestraft. Manche dieser Rituale beinhalteten auch das Blutopfer.
Einen Tropfen Blut auf die Erde fallen lassen... Dies war eine Verbindung
mit den Göttern und Dank für deren Gunst. Für alle
Rituale gab es strenge Vorschriften und Handlungen, wie z.B. sich
mit Federn und Ockerfarben zu schmücken.s dazu. Männer
und Frauen hatten teilweise getrennte Zeremonien, von denen das
jeweils andere Geschlecht ausgeschlossen war. Manche Zeremonien
waren wiederum für alle erlaubt.
Das Umherwandern wurde als Walkabout bezeichnet. Die Ureinwohner
folgten unsichtbaren Wegen, die die Schöpferwesen hinterlassen
hatten. Das ganze Land ist nach dieser Vorstellung durchzogen von
unsichtbaren Wegen - sogenannten Traumpfaden. Diese Traumpfade verbinden
die heiligen Stätten. Jeder folgte der Spur seines Totemahnen.
Diese Totemahnen bilden die Verbindung zwischen den Lebenden und
den Toten. Jeder Stamm hat Totemvorfahren aus der Traumzeit. Als
die Schöpferwesen mit der Erde verschmolzen, verwandelten sie
sich auch in Pflanzen und Tiere. In der Vorstellung der Aborigines
war es Brudermord, wenn man ein Totemtier jagte. Als die weißen
Siedler die Aborigines aus ihrem abgestammten Gebiet vertrieben,
verloren sie die Verbindung zu ihrem Totemahnen und damit zu ihrer
Seele. Ihre ganze Kultur war damit zerstört.
Ein wichtiger Teil im Leben der Aborigines war auch die Magie. Ein
Ritual davon gibt bis heute Rätsel auf - das Knochenzeigen.
Dies ist eine Todesbeschwörung, ähnlich dem Voodoo, die
über hunderte Kilometer reichen kann. Schon bald nach der Verwünschung
verstirbt das Opfer auf rätselhafte Weise. Beweise für
die Realität dieser Vorgänge existieren bis heute, dennoch
kann die Wissenschaft keine Erklärung dafür finden. Oft
hatten Ärzte versucht einem Fluchbelegten zu helfen, was aber
immer ohne Erfolg blieb. Die Aborigines kannten auch eine Art der
Akupunktur, sowie auch andere Heilmittel. Ein Schimmelpilz, der
wie Penicillin wirkte, wurde gegen Entzündungen verwendet und
die Zangen der Bullenameisen als Klammerung für große
Wunden.
3.1.4 Mit der mythischen »Traumzeit«
verbunden...
Die australischen Ureinwohner glauben, dass die Welt und die Naturerscheinungen
in einer mythischen Vorzeit (»Traumzeit«) von großen
Traumzeitwesen hervorgebracht wurden, die zumeist in Tier- oder
Menschengestalt aus dem Erdinneren aufstiegen, um mit ihren Schöpfungskräften
Form und Ordnung in die Welt zu bringen. Nach dem Schöpfungsgeschehen
verließen die Urzeitwesen die Erde wieder, sind aber an den
betreffenden Orten (Bäume, Quellen, Felsen) als heilige Kraft
präsent, deren ständige Reaktivierung vom kultischen Handeln
der Menschen abhängt.
Die Urzeitwesen haben auch die kulturelle Ordnung geschaffen, die
damit in engem Kontakt zur Natur steht. In den heiligen und geheimen
Riten vollzieht die Kultgemeinde an den heiligen Stätten zumeist
in Tänzen und Gesängen das Urzeitgeschehen nach, erneuert
damit die schöpferischen Energien und bekräftigt die Gültigkeit
und Unverletzlichkeit der Normen.
Die Australier glauben, dass durch
diese Traumwesen an bestimmten heiligen Orten auch die Menschen
entstehen. Deshalb gelten bestimmte Menschen als mit bestimmten
Tieren und damit auch untereinander als geistig verwandt (Totemismus).
Diese totemistische Beziehung besteht in der ehrfurchtsvollen Behandlung
oder strengen Meidung eines Totemtieres und in der Regelung bestimmter
sozialer Verbindungen. Heilige Kultgegenstände der Australier,
z.B. bemalte Schilde, zeigen oft in symbolisch verschlüsselter
Form die Gestalten und Wanderwege der Traumzeitwesen und Totemtiere.
3.2 Aus der Tradition Japans (Shinto)
Shinto ist ursprünglich eine jener weltweit verwandten Naturreligionen,
die älter sind als die bekannten Weltreligionen wie Buddhismus
und Christentum. Shinto bzw. Kami-no-michi heißt »Weg
der (himmlischen bzw. verehrungswürdigen) Geistwesen«.
Im Unterschied zu dem, was wir bei anderen scheinbar polytheistischen
Religionen fanden – an deren Ursprung eine einzige Gottheit mit
»Eigenschaften« stand, die erst später als getrennte
Götter verehrt wurden – ist hier kein solcher einheitlicher
Ursprung feststellbar.
Während die Schöpfungsmythen einiger anderer Völker
mit der Erschaffung von Himmel und Erde (und Unterwelt) beginnen,
setzt der alte japanische Schöpfungsmythos Himmel und Erde
voraus. Die Götter entstehen in diesem Bild spontan, und bewohnen
alle 3 Welten, während die Erde auch von Menschen, die Unterwelt
auch von vielen der Toten, und Dämonen bewohnt ist. Auch verehrungswürdige
Ahnen wurden dem Götterpantheon zugerechnet. An der Spitze
der kami – des riesigen Götterpantheons – steht zwar die »Sonnengöttin«
Amaterasu, aber sie wird nicht als Ursprung von Allem gesehen, sondern
wurde von den Göttern Izanagi und Izanami im Auftrag des Götterrates
erschaffen.
Die Verehrung geschieht zu Hause oder in Schreinen (Tempeln), durch
festgelegte Gebete (Dank und Bitten), und durch Opfern von Reis,
Reiswein und von Symbolen für die normalerweise nicht mehr
geopferten Tiere.
Shinto wurde mit einem Staats- bzw. Kaiserkult verbunden, der nach
dem 2. Weltkrieg offiziell fallengelassen werden musste. Während
in Naturreligionen meist Schamanen – Medizinmänner mit besonderen
Kenntnissen und medialen Fähigkeiten – eine zentrale Rolle
spielen, wird der Shinto-Kult von Priestern geleitet.
Auch ethische Lehren spielen im Shinto-Glauben eine zentrale Rolle:
Es gab ein Sündenregister, und im Kontakt mit anderen Religionen
wurden Grundsätze entwickelt, wie sie sich in praktisch allen
großen religiösen Traditionen finden. In Japan sind
die verschiedenen Religionen nicht in dem Maße voneinander
getrennt, wie wir das z.B. aus Europa kennen. Viele Japaner gehören
gleichzeitig verschiedenen Religionsgemeinschaften an.
3.3 Indianische Religionen
Für indianische Schöpfungsgeschichten ist typisch, dass
zuerst der Himmel vorhanden ist und danach die Erde erschaffen wird.
Die Schöpfung des Menschen durch Gott oder Götter gelingt
oft nicht auf Anhieb, z. B. wird der Mensch aus Lehm
( = ohne Verstand),
aus Holz ( = ohne Gefühl) und erst am Schluss aus Mais gebildet.
Manchmal treibt die Gottheit auch eine Art Schabernack, womit das
Leben auf Erden ermöglicht wird. Eventuell wird auch von einer
Art Sündenfall erzählt, in dem die Götter den Menschen
seiner Weisheit berauben. Bei den Navajos ist die Schöpfung
verbunden mit der Vorstellung eines Aufstiegs aus völliger
Dunkelheit in eine lichte Oberwelt, was an eine Herkunft des Menschen
aus dem tiefsten Dunkel des Unbewussten denken lässt.
3.4 Naturreligionen in Afrika
Afrika wird als Wiege der Menschheit genannt, weil in Kenia die
ältesten Funde menschlicher Knochenreste gemacht wurden. Diese
sind an die 4,2 Millionen Jahre alt. Weil Afrika eben so alt ist,
finden wir dort auch Religionen, die viel älter als das Judentum,
viel, viel älter als die christliche Religion und noch viel
älter als der Islam sind. Diese Religionen sind Naturreligionen.
Sie sind bei Stämmen und Völkern beheimatet, die noch
in engem Zusammenhang mit der Natur leben und sich von ihr abhängig
fühlen. Diese Religionen haben nur innerhalb eines Stammes
oder eines Volkes Bedeutung. Nachbarstämme verehren oft bereits
Gottheiten mit anderen Namen.
In den Naturreligionen sind die Menschen abhängig von unsichtbaren
Mächten. Hunger, gute und schlechte Ernten, Zuwachs oder das
Kleinwerden der Herden erklären sie sich mit dem Wirken unsichtbarer
Mächte. Die eigene menschliche Natur schätzen sie bescheiden
ein. An Geistern gibt es viele: gute und böse, freundliche
und lästige. Bei den wohlgesinnten bedankt man sich meistens
mit Opfern und Gebeten. Manche Naturreligionen kennen neben der
MANA (Geistermacht) noch andere unsichtbare Mächte, die Gottheiten.
Diese regieren bestimmte Bereiche der Welt, wie die Jagd, Ackerbau,
Krieg usw. OSHUN heißt: für die Yoruba die Göttin
des Flusses, des Wassers. Große Götter haben eigene Tempel
oder Heiligtümer mit Priesterin und eigene Feste. Sie üben
auch insgesamt mehr Einfluss auf den Menschen aus als die Geister.
Auch in Afrika kennen die Menschen den Schöpfergott, den »Hochgott«,
wie er in vielen Stammesreligionen genannt wird. Er hat alles erschaffen
und hat alle Macht; über die Welt, die Tiere, Pflanzen, Menschen,
auch über die anderen Gottheiten und Geister. Aber dieser Gott
ist weit weg und unerreichbar. Daher wird das höchste Wesen
nicht verehrt, sondern auf Umwegen durch Fürsprache der Gottheiten,
Naturgeister und Totenseelen heilig gehalten. Für diesen obersten
Gott gibt es mehrere Namen:
· Die BALUBA, ein Volk das in Kongo lebt, nennen ihn VIDYE MAKULU
(makulu = angesehen und alt)
· An der Westküste Afrikas gibt man ihn den Namen NZAMBE
· Die ZULUS (ein Stamm in Südafrika) haben das Wort TIXO
· und an der Ostküste nennen sie ihm MULUNGU
3.4.1 Ahnenkult
Bei dem Stamm der Basaren wird die Trauerfeierlichkeit des Großvaters,
der zu den Ahnen gegangen ist zwei Jahre nachdem er gestorben ist,
begangen. Es wird ein großes Begräbnis gefeiert. Wochenlang
laufen die Vorbereitung für das Fest. Viele Gäste werden
erwartet, zwei Wahrsager deuten, warum der Großvater gestorben
ist, eine Kuh wird geschlachtet, es werden Trauerlieder gesungen,
und es wird getanzt. Ahnen sind für den Stamm Basar und auch
für die anderen afrikanischen Stämme sehr wichtig. Unter
Ahnen verstehen sie nicht nur ihre Großväter und Großmütter,
sondern auch unbekannte Stammesväter. Diese Ahnen leben sozusagen
als »lebend-Tote« weiter und werden von den Lebenden
verehrt, gefürchtet und hochgehalten. Sie sind wie ein Teil
des eigenen Körpers, durch den das gleiche Blut fließt.
Sie sind die Brücke zwischen den Lebenden, und der unsichtbaren
Welt. Es gibt keine Feier, wie Geburt, Hochzeit oder Bestattung,
woran die Ahnen nicht teilnehmen. Ahnen haben ihren Platz in der
Hütte, im Haus, in dem sie wohnen. Sie begleiten sie auf der
Jagd, bei der Arbeit, verhelfen ihnen zu Sieg gegen Feinde. Aber
ebenso, können sie, wenn sie ihnen nicht gut gesinnt sind,
Schaden zufügen. Wenn dem Stamm etwas Schlechtes zustößt,
es eine schlechte Ernte gibt oder eine Krankheit im Dorf ausbricht,
dann fragen die Bewohner, welcher Ahne das zugelassen hat, und warum.
3.4.2 Versöhnung und Genesung
Ein Ritual ist auch die Aufnahme in einen Geheimbund. Dieser Geheimbund
ist dann zuständig, wenn Stammesangehörige krank werden.
Wenn sie krank werden, dann ist die MANA gestört, die notwendige
Kraft zum Leben. Es reicht nicht, das Fieber zu senken oder einen
gebrochenen Arm wieder einzurenken, das wäre für sie
so etwas wie erste Hilfe. Vor allem muss der Streit zwischen den
Lebenden und den Ahnen begraben werden. Nicht nur Geheimbünde
können Krankheiten heilen, aber nur der Geheimbund kann diese
kaputten Beziehungen wieder heilen. Oft müssen Ahnenopfer durchgeführt
werden, um die Geister wieder zu versöhnen, oder es werden
Mittel eingesetzt, die Hass und Neid bannen. Dazu dienen rituelle
Tänze, in denen die Harmonie wiederhergestellt wird. Bei den
SHONA machen das Wahrsager. Knochenstücke und andere Dinge
werden auf die Matte geworfen, und je nachdem, wie diese landen,
werden Rückschlüsse auf die Ursache des Problems gebildet.
3.4.3 Initiationsriten bei den Xhosa
Bei dem Stamm der XHOSA (Südafrika) muss ein Junge 3 Monate
in Abgeschiedenheit leben, sich von halbrohen Maiskörnern ernähren,
im Gras sitzen und meditieren um ein ABAKHWETA, ein ERWACHSENER
zu werden. Auf dem Weg zu einem Erwachsenen muss der Junge einiges
hinter sich bringen. Bei einem USOSUTHU lernt er, was ein richtiger
XHOSA können und wissen muss. Vom Jagen bis zum Beschaffen
des Brautgeldes seiner zukünftigen Frau. Das Wichtigste am
Beginn aber war, wie fast in allem afrikanischen Stämmen, die
Beschneidung ( = das Abtrennen der Vorhaut des männlichen Gliedes).
Nach drei Monaten darf der Junge wieder in die Gemeinschaft zurückkehren,
und gilt nun als Erwachsener. Die Bedeutung der Gemeinschaft ist
für die Menschen in Afrika ganz zentral. Die Gemeinschaft bietet
Schutz und Hilfe. Nur hier fühlt man sich wohl.
Die Mädchen des Stammes der Xhosa, legen in einem Fest ihre
Kindheit ab. Als Zeichen, für die Ehe reif zu sein, waschen
sie sich im Fluss und tauschen ihre kurze Röcke gegen lange
ein.
3.5 Die Religion der Melanesier
In Melanesien (z.B. Neuguinea) hingen die in früheren Zeiten
praktizierten Bräuche des Kannibalismus und der Kopfjagd mit
den Schöpfungsmythen der Ureinwohner zusammen, da sich unter
den Urzeitgottheiten ein Himmelsriese befand, der Lebewesen töteten
und auffraß. Die Söhne einer alten Frau, selbst Repräsentanten
von Urzeitgöttern und Urahnen der Menschen, sollen den Himmelsriesen
getötet, zerstückelt und in einem großen Fest mit
einem heiligen Mahl verzehrt haben. Andere Mythen erzählen,
dass aus getöteten Urzeitgottheiten die Nahrungspflanzen entstanden
sind. Die Menschen verdanken also nach ihrem Glauben dem Tod der
Urzeitwesen die jetzige Seinsordnung. Durch die Kulthandlung des
Kannibalismus wurde dieses Urzeitgeschehen nachvollzogen. Nur so
konnte die Schöpfungskraft der Natur erneuert und aufrechterhalten
werden. In späterer Zeit wurde das Opfer mit einem Schwein
vollzogen.
3.6 Die Cargo-Kulte
Eine besondere Form stellen die Cargo-Kulte in Neuguinea dar. Sie
gehören zu einer neuen Form von Mischreligiosität, die
aus der Begegnung der Naturreligionen mit der westlichen Zivilisation
und Technik seit der Mitte des 19. Jhts. entstanden sind. Die Eingeborenen
versuchten, die für sie schockartig erfolgte Begegnung mit
der modernen Kultur zu verarbeiten. Sie erklärten den großen
zivilisatorischen Unterschied mit Mythen (nicht kausal-rationalem
Denken), die davon berichten, dass die Ahnen zunächst die
Weißen begünstigten, aber später auch die Eingeborenen
zu Wohlstand und zum Reichtum der modernen Kulturgüter führen
werden. So werde eine bessere Verteilung des Glücks und die
Aufhebung der durch die Kolonisation entstandenen Ungerechtigkeit
erreicht. Die Eingeborenen versuchen mit Hilfe von magischen Kultpraktiken
diesen Zustand zu erreichen.
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