› Placeboeffekt - Von der Macht des Glaubens

1.0 Definition

Als Placeboeffekt bezeichnen wir eine Heilreaktion, die bei einem Patienten auftritt, weil er an den Heileffekt eines Mittels oder einer Behandlungsmethode glaubt (obwohl der Arzt weiß, dass z.B. das gegebene Mittel nur eine Zuckertablette war).

2.0 Einfluss und Reichweite dieses Phänomens

In der medizinischen Forschung wird jedes neue Medikament zunächst mit Placebo-Medikamenten verglichen und getestet: Einer Gruppe von Patienten wird das »richtige« Medikament gegeben, der Kontrollgruppe werden Placebos gegeben, die genauso aussehen, aber keinen Inhaltsstoff haben. Man geht heute davon aus, dass der Placeboeffekt bei 30 bis 40 Prozent liegt. Das heißt folgendes: Gibt man z.B. 100 Personen 10mg Valium (als Tablette), werden etwa 80 bis 90 Prozent der Personen berichten, dass sie sich entspannt und schläfrig fühlen. Gibt man 100 Personen ein Placebo-Valium, werden immer noch 30 bis 40 Prozent der Personen berichten, dass sie sich entspannt und schläfrig fühlten. Das entscheidende Element ist hier der Glaube des Patienten an bestimmte erwartete Effekte des eingenommenen Mittels.

Alle medizinischen und psychotherapeutischen Interventionen haben einen Placeboeffekt, einschließlich der Strahlentherapie, chirurgischen Eingriffen, Diätmaßnahmen und aller naturheilkundkundlichen Verfahren. Wenn ein Patient durch ein Placebo-Medikamet oder eine Placebo-chirurgische Maßnahme geheilt wird, ist er genauso gesund wie ein anderer, der über oft nebenwirkungsreichere »richtige« Medikamente oder invasive chirurgische Eingriffe gesund wurde. Eine Doppelblindstudie über die Nebenwirkungen von chemotherapeutischen Anti-Krebs-Medikamenten zeigte, dass selbst in der Placebogruppe über 30 Prozent der Patienten ihre Haare verloren!

Selbst Mäuse reagierten auf harmlosen Süßstoff mit dem Wachstum von Krebsgeschwulsten, wenn sie 1. vorher ein- oder mehrmals gleichzeitig den gleichen Süßstoff und ein krebserregendes Mittel zu sich nahmen oder 2. wenn der Untersucher glaubte, dass er den Mäusen ein krebserregendes Mittel gab (obwohl es nur Süßstoff war). Glaubte der Untersucher, dass er den Mäusen nur Süßstoff gab, obwohl es ein krebserregendes Mittel war, entwickelten sie keine Tumoren! Dies zeigt uns, wie sehr die Einstellung des Therapeuten an dem Erfolg oder Misserfolg einer Behandlung beteiligt sein kann.

2.1 Der Glaube - ein medizinischer Faktor?

In der berühmten amerikanischen psychotherapeutischen Fachzeitschrift American Journal of Psychotherapy (Supplement I, 18: 73, 1964) wurde 1964 ein inzwischen legendärer Artikel veröffentlicht, der den Effekt von Hoffnung und Zuversicht seitens des behandelten Arztes untersuchte. Die Schlussfolgerung lautete folgendermaßen: »Die innere Haltung und der Glaube des Arztes an seine Behandlung wird zu einem wichtigen Inhaltsstoff des verordneten Medikaments.« Der inzwischen berühmte, in Santa Fe wohnende amerikanische Kollege Dr. med. Larry Dossey berichtet in seinem Buch »Heilende Worte« über eine Studie, die über das antipsychotische Medikament Meprobamat durchgeführt wurde. Hier zeigt sich, dass der Glaube des Arztes an den Effekt des Medikamentes sogar den »Schleier« einer Doppelblindstudie durchdringen konnte! (In einer solchen Studie weiß weder der Patient noch der das Medikament verabreichende Arzt, ob der Patient das das wirksame Mittel oder das Placebo-Medikament bekommt.) Die Patienten, die das richtige Medikament bekamen, verspürten eine stärkere Wirkung, wenn der verabreichende Arzt glaubte, dass das Medikament, von dem die Studie handelte (Meprobamat) gut und wirksam sei, als wenn der verabreichende Arzt es für wirkungslos hielt.

2.2 Eine Fallgeschichte

Ein Fall aus meiner Praxis, der sich vor etwa 10 Jahren ereignet, bestätigt dies: Ein etwa 40jähriger Mann war schwer erkrankt an einem Lymphom; einer seiner beiden Tumoren hatte die Größe einer Wassermelone. Weder Strahlen- noch Chemotherapie zeigten irgendwelche Erfolge. Er las in einer Zeitschrift einen Artikel über ein neues »Wundermittel« aus Südamerika, das ich ihm dann auf seinen Wunsch besorgte. Er nahm das Mittel ein, und innerhalb von sechs Wochen verschwanden alle seine Tumoren. Die nachfolgenden »objektiven« Tests (Kernspintomogramm etc.) zeigten ein vollständige Remission seiner Erkrankung. Etwa 18 Monate später las er – zufällig – einen Artikel über eine medizinische Studie, die über dieses Mittel durchgeführt worden war und in der es hieß, dass das Medikament bei der Lymphombehandlung völlig wirkungslos sei. Innerhalb weniger Tage spürte der Patient eine Schwellung in seiner Leber, und in weniger als drei Wochen verstarb er an einem rasant wachsenden Rezidiv seiner Erkrankung! Dies war für mich eines der wichtigsten Schlüsselerlebnisse für die Entwicklung der Psycho-Kinesiologie. Ähnliche Fälle sind in der Literatur beschrieben.

2.3 Placebo-Operationen

1974 veröffentlichte die American Medical Association einen Artikel über den Placeboeffekt bei Bandscheibenoperationen. Es handelt sich um eine intelligente Analyse der weltweit untersuchten Operationsverläufe, bei denen die Chirurgen den Rücken »öffneten«, aber aus verschiedensten Gründen die Operation abbrechen mussten, ohne die Bandscheibe zu entfernen. Der Operationserfolg dieser »Placebo-Operationen« lag etwa bei 40 Prozent. Der Langzeiterfolg bei »regelrechten« Bandscheibenoperationen liegt bei 45 Prozent.

3.0 Wissenschaftliche Erklärungsansätze

Die beste Zusammenstellung der weltweiten Literatur über Heilungen mit Hilfe des Placeboeffektes ist in dem ausgezeichneten Werk des amerikanischen »Institute of Noetic Sciences (I.O.N.S). Hier werden 1385 Veröffentlichungen aus der medizinischen Literatur vorgestellt und analysiert. Das ermutigende Ergebnis dieser Studie zeigt, dass es heute keine Krebsart gibt, die nicht schon irgendwann und irgendwo durch einen Placeboeffekt geheilt wurde!

Wie erklärt man sich diesen Effekt? Heute weiß man, dass nicht die Milz oder der Thymus die wichtigsten Organe im Immunsystem sind, sondern das Gehirn. Wie bereits beschrieben sind über 70 Neuropeptide (hormonähnliche Stoffe) bekannt, die das Gehirn in verschiedenen Mengen produziert und zu verschiedenen Zeiten in den Blutstrom absondert oder über verschiedene Nervenbahnen in den Körper oder in bestimmte Zielorgane transportiert (axonaler Transport). Viele dieser Peptide haben krebshemmende Funktionen, andere haben Immunsystem-stimulierende Funktionen, wieder andere können krankheitsauslösend sein! Wenn wir es schaffen, das Gehirn so zu stimulieren, dass es die krankheitsheilenden Peptide vermehrt ausschüttet, aber die krankheitsfördernden eben nicht, wird der Patient gesund. Wenn keine medikamentöse oder andere offensichtliche Intervention vorgenommen wurde, spricht der Schulmediziner von einem Placeboeffekt oder einer Spontanheilung.

Aus: Dr. med. G. Klinghart, Lehrbuch der Psychokinesiologie, S 191ff. Die Überschriften wurden eingefügt.