Die Kreuzzüge - Geschichte zwischen Religion und Politik
1.0 Krieg im Namen der Religion
Als »Kreuzzug« bezeichnet man insbesondere Kriegszüge
der westlichen Kirche zur Befreiung Jerusalems und des Heiligen
Landes von der Herrschaft der »ungläubigen« Muslime,
aber auch andere von der katholischen Kirche veranlasste Kriege
gegen heidnische Völker und gegen Ketzer.
1.1 Ein Hilferuf aus Byzanz
Anlass des ersten Kreuzzuges ins Heilige Land war 1085 ein Hilferuf
des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos. Seit Mitte des 11.
Jahrhunderts bedrängten muslimischen Seldschuken das byzantinische
Reich, 1071 hatten sie in Anatolien das byzantinische Heer vernichtend
geschlagen, 1077 Jerusalem erobert und 1085 Antiochia. Das byzantinische
Reich konnte dem Druck der Türken nicht länger standhalten
und bat den Westen um Hilfe gegen den Islam.
1.2 Papst Urban II. reagiert
1095 rief Papst Urban II. auf dem Konzil in Clermont-Ferrand zum
Kreuzzug auf. Als dessen vordringliches Ziel nannte er zunächst
die Hilfe für die christliche Kirche des Ostens; die Befreiung
Jerusalems und des Heiligen Landes machte dann die Öffentlichkeit
während der folgenden Monate zum konkret greifbaren Ziel des
Kreuzzugs. Ein nicht ausdrücklich formuliertes Ziel der Kreuzzüge
war die Hoffnung des Papsttums, eine Wiedervereinigung der seit
dem Schisma von 1054 gespaltenen Ost- mit der Westkirche zu erreichen.
1.3 Aufbruch der ersten Heere
Im August 1096 brachen die ersten Kreuzfahrerheere – vor
allem französische und lothringische Ritter sowie Normannen
aus Frankreich und Süditalien – Richtung Konstantinopel
auf. In Konstantinopel wurden sie von Kaiser Alexios I. Komnenos
zurückhaltend empfangen: er hatte Söldner erwartet, die
bereit waren, sich seiner Führung zu unterstellen. Alexios
ließ die Kreuzritter erst weiterziehen, nachdem sie ihm den
Lehnseid geleistet hatten, also sich gegenüber dem Kaiser verpflichtet,
die Gebiete, die sie erobern würden, der Oberherrschaft des
Kaisers zu unterstellen. Im Mai 1097 griffen die Kreuzritter das
von den Seldschuken besetzte Nicäa an, das sich im Juni ergab,
allerdings nicht den Kreuzrittern, sondern den Byzantinern. Am 1.
Juli 1097 schlugen die Kreuzritter bei Dorylaeum die seldschukische
Hauptarmee vernichtend. Im Oktober 1097 begannen die Kreuzfahrer
mit der Belagerung der Stadt Antiochia, im Juni 1098 konnten sie
diese schließlich einnehmen.
1.4 Interne Konflikte und Gründung von Kreuzfahrerststaaten
Inzwischen waren unter den Führern der Kreuzzugsheere Konflikte
ausgebrochen: im Herbst 1097 hatte sich Balduin I. von Boulogne
vom Hauptheer getrennt und war Richtung Osten gezogen, hatte Edessa
in seine Gewalt gebracht und dort 1098 eine Grafschaft errichtet.
Nach der Eroberung Antiochias machte Bohemund I. die Stadt zum Mittelpunkt
des Fürstentums Antiochia, und Raimund von Toulouse begründete
an der syrischen Küste die Grafschaft Tripolis.
1.5 Eroberung Jerusalems
So zog nur das Hauptheer der Kreuzritter weiter Richtung Jerusalem
und eroberte nach vierwöchiger Belagerung am 15. Juli 1099
die Stadt. Unter der jüdischen und muslimischen Bevölkerung
richteten sie ein grausames Blutbad an. Dann wählten sie Gottfried
von Bouillon, den Herzog von Niederlothringen, zum »Vogt des
Heiligen Grabes«; unter seiner Führung besiegten sie
im August 1099 bei Askalon ein muslimisches Heer. Bald darauf kehrte
ein Teil der Kreuzritter, soweit sie sich nicht schon in Edessa,
Antiochia und Tripolis niedergelassen hatten, nach Europa zurück.
Diejenigen, die im Heiligen Land blieben, bauten in Jerusalem einen
am westlichen Vorbild orientierten, vom Lehnswesen bestimmten Staat
auf, das Königreich Jerusalem, und sicherten ihre Herrschaft
über das Heilige Land.
1.6 Die Gegenwehr formiert sich
Es dauerte einige Jahre, bis die muslimische Gegenwehr sich wieder
formiert hatte. Der Erfolg des Kreuzzuges war hauptsächlich
auf Streitigkeiten unter den muslimischen Fürsten zurückzuführen
die verhinderten, sich gegen den gemeinsamen Feind zu verständigen.
Die Siege der Kreuzritter hatten die islamische Seite weiter geschwächt,
so konnten die Kreuzfahrer ihre Herrschaftsgebiete zunächst
ungestört konsolidieren und ausbauen. Aber nun kam es auch
unter den Kreuzfahrerstaaten zu Rivalitäten, Thronstreitigkeiten
und Bruderkriegen, wodurch sie sich gegenseitig und als Gesamtheit
schwächten, während sich gleichzeitig die Muslime zu einem
Gegenangriff sammelten. 1144 eroberten die Seldschuken Edessa, der
zuerst gegründete Kreuzfahrerstaat war damit auch als Erster
wieder untergegangen.
2.0 Erneute Mobilisation im Westen
Der Fall Edessas schreckte den Westen auf. 1145 rief Abt Bernhard
von Clairvaux zum 2. Kreuzzug auf. König Ludwig VII. von Frankreich,
der Stauferkönig Konrad III. und Roger II. von Sizilien folgten
diesem Aufruf und machten sich im Frühsommer 1147 mit ihren
Heeren Richtung Jerusalem auf.
2.1 Der zweite Kreuzzug
Konrads Truppen wurden bereits bei Dorylaeum in Anatolien von den
Seldschuken geschlagen, und ein Großteil der Soldaten und
Pilger kehrte demoralisiert und verängstigt um. Von den französischen
Truppen erreichte 1148 ebenfalls nur ein kleiner Teil das Heilige
Land, nachdem der Rest unterwegs aufgerieben worden war. Zusammen
mit König Balduin III. von Jerusalem entschlossen sich Ludwig
und Konrad im Juli zu einem Angriff auf Damaskus, der aber bald
wegen völlig unzureichender Vorbereitung abgebrochen werden
musste, worauf beide im Frühjahr 1149 nach Europa zurückkehrten.
2.2 Nebenfronten in Deutschland und Portugal
Parallel zum 2. Kreuzzug unternahmen die norddeutschen Fürsten,
allen voran die Sachsen unter der Führung Heinrichs des Löwen,
einen von Papst Eugen III. ebenfalls als Kreuzzug gebilligten Kriegszug
gegen die heidnischen Wenden, der nur bedingt erfolgreich war; er
entband aber die Norddeutschen von der Teilnahme am Kreuzzug ins
Heilige Land und trug so mit zur Schwäche der Kreuzzugsheere
bei. Ein »Nebenergebnis« des 2. Kreuzzugs war 1147 die
Eroberung der Stadt Lissabon durch König Alfons I. von Portugal
von den Mauren.
2.3 Erneute Ausbreitung des muslimischen Einflusses
Der Fehlschlag des 2. Kreuzzuges gab den muslimischen Fürsten
weiteren Auftrieb. 1171 hatte Saladin Ägypten unter seine Herrschaft
gebracht, anschließend Syrien, und hatte danach seinen Einflussbereich
bis nach Mosul und Aleppo ausgedehnt. Im Mai 1187 fiel er im Königreich
Jerusalem ein, besiegte im Juli die Europäer bei Hattin, nahm
die meisten Festungen der Kreuzritter im Königreich Jerusalem
ein, im Oktober 1187 schließlich auch Jerusalem. Als letzte
große Festung blieb den Kreuzrittern nur noch Tyrus. Die Niederlage
bei Hattin und der Fall Jerusalems waren ein Schock für das
christliche Abendland.
3.0 Aufruf zum dritten Kreuzzug
Im Oktober 1187 rief Papst Gregor VIII. in einer Enzyklika zum
3. Kreuzzug auf. Die Initiative wurde euphorisch begrüßt,
die drei bedeutendsten europäischen Monarchen leisteten ihm
1189 Folge: Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der französische
König Philipp II. Augustus und der englische König Richard
I. Löwenherz. Ihre Heere bildeten das größte Kreuzfahreraufgebot
aller Zeiten.
3.1 Verlauf und Resultate des dritten Kreuzzuges
Trotz der prominenten Beteiligten blieb das Ergebnis eher mager:
Friedrich nahm mit seinem deutschen Heer den Landweg; er ertrank
1190 beim Baden im Fluss Saleph an der Südküste Kleinasiens,
woraufhin der größte Teil seines Heeres entmutigt nach
Deutschland zurückkehrte und nur wenige Kreuzritter ins Heilige
Land weiterzogen. Philipp und Richard kamen auf dem Seeweg ins Heilige
Land, eroberten nach langer Belagerung 1191 Akko, gerieten aber
in Streit, woraufhin Philipp nach Frankreich zurückkehrte und
der Kreuzzug praktisch ergebnislos beendet wurde. Richard konnte
Saladin in einem Waffenstillstand lediglich die Erlaubnis zu Pilgerbesuchen
in Jerusalem abringen; die Stadt selbst blieb in muslimischer Hand.
3.2 Der Einfluss geistlicher Ritterorden
Eine gewisse Kontinuität im Heiligen Land stellten die mächtigen
geistlichen Ritterorden sicher, die seit dem 1. Kreuzzug in Palästina
entstanden waren. Sie gingen in der Regel aus geistlichen Bruderschaften
hervor, die sich ursprünglich der Pflege und Versorgung von
Pilgern und Kranken gewidmet hatten, und entwickelten sich rasch
zu gut organisierten, wohlhabenden und schlagkräftigen Orden,
die zum Teil auch nach den Kreuzzügen noch eminente Bedeutung
und Macht hatten. Die wichtigsten waren der 1119 gegründete
Templerorden, der 1155 gegründete Johanniteroden, schließlich
der 1198 gegründete Deutsche Orden.
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