› Bahai - Die Religion der Einheit

1.0 Einführung

Der Bahá'í Glaube ist eine junge Religion, die im 19. Jahrhundert als eine Abspaltung des Islam entstand. Der Art nach kann der Glaube als prophetische Offenbarungsreligion bezeichnet werden, wie beispielsweise das Judentum, der Islam oder das Christentum. Heute zählt die Bahá'í Religion etwa 6 Millionen Gläubige weltweit. Die Wurzeln der Religion liegen im heutigen Iran. Seit der iranischen Revolution im Jahr 1979 lebt die dortige Glaubensgemeinde unter ständiger religiöser Verfolgung, weshalb viele Bahá'í das Land verlassen haben.

2.0 Die religionsgeschichtliche Entwicklung

In der Entwicklung des Bahá'í Glaubens waren drei Personen von maßgebender Bedeutung:
· Bahá'u'lláh, der Stifter der Religion
· der Báb, der Vorläufer von Bahá'u'lláh
· Abdu'l-Bahá, der Ausleger der Bahá'í Schriften

2.1 Der Báb

Sayyid Ali Muhhamad, der spätere Báb, wurde 1819 im Iran geboren. Er wuchs im Glauben des schiitischen Islams auf. Im 19. Jahrhundert war diese Glaubensrichtung von einer besonderen Frömmigkeit und einem ausgeprägten Mahdismus (= Messiaserwartung) gekennzeichnet. 1844 griff Sayyid auf diesen bestehenden Glauben an das baldige Erscheinen eines neuen Messias zurück, als er sich zum Báb (»Tor«;) erklärte - jene Person, durch die der der Zugang des erwarteten Mahdi möglich wird. Seine Sendung sei es, die Menschen auf das Kommen des neuen Erlösers vorzubereiten.

Obwohl der Báb mit seiner Lehre nicht weit vom Islam entfernt war, kam es 1848 zu einer formellen religionsgesetzlichen Trennung zwischen dem Islam und der neuen Religion, dem Bábi-Glauben. Dieser folgte eine Verfolgung der Báb von Seiten des offiziellen Islams. Schließlich wurde der Báb im Jahre 1850 hingerichtet. Nun kam es zu der Frage um die Nachfolge des Bábs.

2.2 Bahá'u'lláh

Bereits 1844 hatte sich der 1819 in Teheran geborene Bahá'u'lláh (»Herrlichkeit Gottes«;) der Bewegung des Báb angeschlossen. Nach dem Tod des Báb wurde er bald zur wichtigsten Gestalt des Bábi Glaubens.
In den folgenden Jahren schrieb er das »Buch der Gewissheit«; (Kitabi Iqan).

1863 gilt als bedeutender Wendepunkt der neuen Religion. In diesem Jahr erklärte Bahá'u'lláh, dass er der vom Báb verheißene Mahdi sei – die universale Manifestation Gottes, in der sich Gott offenbart. So stellte sich Bahá'u'lláh in die Reihe der von Gott gesandten Propheten. Zugleich wurde die Bábi Religion durch die neue Religion Bahá'u'lláhs, den Bahá'í Glauben, abgelöst. Der endgültige Bruch zwischen dem Bábi und Bahá'í Glauben fand drei Jahre später statt.
Der weitere Lebensweg Bahá'u'lláhs ist von Verbannungen gekennzeichnet. Zunächst Aedirne und schließlich Akka in Palästina. Dort verfasste Bahá'u'lláh das »Hochheiligste Buch«; (Kitab al-Aqdas). Diese enthält zusammen mit anderen Schriften aus dieser Zeit die Grundgesetze und Grundlagen des Bahá'í Glaubens. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1892 ernannte Bahá'u'lláh seinen Sohn Abdu'l-Bahá zu seinem Nachfolger und Ausleger seiner Schriften.

2.3 Abdu'l- Bahá

Bahá'u'lláh hat im »Buch des Bundes« seinen ältesten Sohn Abdu'l-Bahá (»Diener der Herrlichkeit«) zum Oberhaupt der Bahá'í-Gemeinde und bevollmächtigten Ausleger seiner Lehre ernannt. Den Bahá'í gilt er als Beispiel vollkommener Tugend. Noch im hohen Alter unternahm Abdu'l-Bahá ausgedehnte Reisen, um die Lehren seines Vaters zu verbreiten. Wie Abdu'l-Bahá es in seinem Testament bestimmt hatte, wurde sein ältester Enkel, Shoghi Effendi Rabbani, zu seinem Nachfolger und zum Hüter des Glaubens.

3.0 Die Religion der Einheit

Im Bahá'í Glauben bildet die Einheit den Kerngedanken der Lehre Bahá'u'lláhs. Diese vollzieht sich auf drei unterschiedlichen Ebenen, die wesentliche Bereiche der Lehre sind:
· Gott
· die Offenbarer (Manifestationen Gottes)
· die Menschheit

3.1 Die Einheit Gottes

Das Gottesbild im Bahá'í Glauben ist streng monotheistisch und transzendent. Es gibt einen einzigen Gott, der die ganze Welt erschaffen hat. Für die Menschen ist das Wesen Gottes nicht direkt begreifbar. Die Verborgenheit Gottes wird dadurch gemindert, dass Gott sich dem Menschen in der Schöpfung zu erkennen gibt. Im Laufe der Geschichte teilt sich Gott den Menschen immer wieder mit und schließt mit ihnen einen Bund. Dies geschieht durch Gottesoffenbarer. Diese Konzept der Selbstoffenbarung Gottes ist eines der zentralen Themen des Bahá'í Glaubens.

3.2 Die Einheit der Offenbarer

Die Offenbarer oder Manifestationen Gottes spielen im Bahá'í Glauben eine herausragende Rolle. Sie werden als ein Bindeglied zwischen der menschlichen Welt und der Welt Gottes angesehen, da sie an beiden Welten Anteil haben, jedoch keiner wirklich angehören. In ihnen gibt sich Gott der Menschheit zu erkennen - die bereits erwähnte Selbstoffenbarung Gottes. Die Bahá'í glauben an eine fortschreitende Offenbarung, d.h. Offenbarung ist nicht einmalig in der Geschichte, sondern findet mehrmals statt.

Mehrere Offenbarungen sind aus zweierlei Gründen notwendig:
· Religion unterliegt nach Bahá'í Glauben immer wieder dem Verfall, wodurch ethische Werte schwinden. Aus diesem Grund ist eine Erneuerung durch einen Offenbarer notwendig, der den Menschen diese Werte wieder vermittelt.
· Mit fortschreitender Erkenntnisfähigkeit der Menschen, kann ihnen ein fortschreitendes Maß an Offenbarung anvertraut werden.

Daraus ergeben sich wiederum zwei Dinge:
· Offenbarungen sind nie absolut, da sie durch darauf folgende erneuert werden können.
· Letztendlich sind Offenbarungen substantiell miteinander identisch. Sie sind nur der jeweiligen Situation der Menschen und ihrer momentanen Erkenntnisfähigkeit angepasst.

Durch diese Betrachtungsweise erkennen die Bahá'í mehrere Manifestationen Gottes (zuhur) an. Diese werden auch unabhängige Propheten genannt. Sie sind durch die Beständigkeit ihrer Botschaft und dadurch, dass sie der Menschheit ein heiliges Buch gebracht haben, charakterisiert. Unabhängige Propheten sind Stifter einer neuen Religion, die für einen Zyklus der Menschheit gilt.

Im Bahá'í Glauben werden neun dieser Manifestationen Gottes anerkannt: Abraham, Krishna, Mose, Buddha, Zarahustra, Jesus, Muhammad, Báb und Bahá'u'lláh. Sie alle haben den Menschen ein und dieselbe Wahrheit, angepasst an ihre Zeit, zugänglich gemacht - die Einheit der Offenbarer. In der Lehre Bahá'u'lláhs wird betont, dass alle Manifestationen Gottes letztendlich nur eine Persönlichkeit eine Seele, ein Geist, ein Wesen und eine Offenbarung sind. Bahá'u'lláh gilt als die bislang letzte und für die heutige Zeit gültige Offenbarung Gottes.

3.3 Die Einheit der Menschheit

Der Mensch steht unter allen Wesen der Schöpfung Gott am nächsten. Der sich offenbarende Gott bietet den Menschen sein Bündnis an. Dieser Bundgedanke führt wiederum zu der im Bahá'í Glauben zentralen Einheit. Zu einem Bündnis gehören immer zwei Seiten: Auf der einen Seite steht Gott, auf der anderen die Menschen als Gesamtheit. Obwohl alle Menschen individuell verschieden sind, sind sie eins durch ihr Menschsein.

Aus dem Verhältnis Gottes zu den Menschen resultiert nun, dass die Menschen die Aufgabe haben, ihre Einheit bereits im Diesseits so zu verwirklichen, dass es keine trennenden Grenzen mehr gibt. Um die Einheit der Menschheit zu erreichen, müssen alle Vorurteile der Rasse, der Religion, der Nationalität, des Geschlechts aufgegeben werden.

Als Wege zur Verwirklichung dieses Ziels werden angesehen:
· Die Lehren der Bahá'í Religion, die die Gleichwertigkeit von Mann und Frau betonen
· Die Einführung einer Welthilfssprache zur Förderung der Einheit
· Betrachtung der Welt als ein einziges Land
· Anerkennung aller Religionen als Teil eines göttlichen Planes - Gleichwertigkeit aller Religionen
· Zur Förderung der Einheit der Menschheit führen die Bahá'í weltweit zahlreiche soziale Projekte durch

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