Heiße Eisen - Sexualität
und Macht in der Kirche
1.0 Was bedeutet eigentlich Keuschheit?
1.1 Die Idee ungeteilter Liebe
Die Forderung der Keuschheit ist eine Erinnerung, dass wir mehr sind
als unser physischer Köroer, dass wir unsterblich sind.
Die Keuschheit duldet kein Doppelleben und keine Doppelzüngigkeit,
sie bedeutet, dass sich ein Mensch nur auf eine Person bzw. auf ein
Ideal konzentrieren kann, dass umgekehrt aber ein Mensch nicht zwei
Personen gleichzeitig lieben bzw. nicht Gott und einem anderen Menschen
seine ganze Liebe geben kann.
1.2 Eine Herausforderung an den Geist
Keuschheit bedeutet auch, ein Erlernen der Selbstbeherrschung,
außerdem steht die Tugend der Keuschheit unter dem Einfluss
der Kardinaltugend der Mäßigung. Selbstbeherrschung stellt
eine langwierige Aufgabe dar, denn man muss sich immer wieder neu
um sie bemühen. Man soll nie der Meinung sein, dass man die
Keuschheit für immer erworben hat, vor allem in der Kindheit
und im Jugendalter erfordert es eine enorme Anstrengung für
den Heranwachsenden keusch zu bleiben.
1.3 Eine Gabe des Geistes
Die Keuschheit ist eine persönliche Aufgabe, sie erfordert
vor allem kulturelle Anstrengung, denn sie setzt die Achtung der
Menschenrechte voraus, insbesondere das Recht auf Bildung und Erziehung.
Die Keuschheit wird auch als »Frucht des Geistes« beschrieben,
denn sie ist eine sittliche Tugend und man soll sie als eine Gabe
Gottes, als eine Gnade ansehen. Durch die heilige Taufe schenkt
der heilige Geist dem Täufling die Kraft, die er benötigt
um der Reinheit Christi nachzustreben.
1.4 Eine Berufung
Keuschheit bedeutet auch, dass ein Mensch der leiblichen Lust widersagt.
Das bedeutet, dass ein Mensch völlig Herr ist über seinen
Körper und seinen Geist, und dass er jeglicher Versuchung widerstehen
kann. Da jeder Christ Christus als Gewand angelegt hat, ist jeder
Getaufte zur Keuschheit berufen. Jeder gläubige Christ ist,
seinem Lebensstandard entsprechend, dazu berufen, ein keusches Leben
zu führen. Schon bei der Taufe verpflichtet sich der Christ,
beziehungsweise sein Taufpate für den Täufling, in seinem
Gefühlsleben keusch zu bleiben.
1.5 Eine Schule der Freundschaft
Die Keuschheit dient auch als Schule der Selbsthingabe. In der
Freundschaft entfaltet sich die Tugend der Keuschheit, denn dadurch
lässt sie den Jünger Christi erkennen, wie er Jesus nachfolgen
und ähnlich werden kann. Dadurch, dass uns Jesu zu seinen Freunden
erwählt hat, lässt er uns an seinem Gottsein teilhaben.
Besonders äußert sich die Keuschheit in der Freundschaft
mit dem Nächsten: »Liebe Deinen nächsten so wie
Dich selbst.« Die Freundschaft zwischen zwei Menschen, egal
welchen Geschlechts sie sind, sollte als etwas sehr Wertvolles angesehen
werden, denn sie führt zur Gemeinschaft im Geist.
1.6 Verwirklichung unter verschiedenen Bedingungen
Die Keuschheit dient primär dazu, den Menschen in verschiedenen
Lebenssituationen auszuzeichnen: die einen leben in einem Stand
der Jungfräulichkeit oder der gottgeweihten Ehelosigkeit, damit
sie sich leichter, mit ungeteiltem Herzen, Gott hingeben können.
Auch jene Menschen, die verheiratet sind, sind dazu berufen eine
eheliche Keuschheit zu leben, dies bedeutet, dass sie in Zeiten
der Enthaltsamkeit keusch leben. Die voreheliche Zeit etwa sollen
sie als eine Art der Bewährung ansehen, in der sie lernen,
einander zu achten und treu zu sein.
»Es gibt 3 Formen der Tugend der Keuschheit: die eine ist
die der Verheirateten, die andere die der Verwitweten, die dritte
die der Jungfräulichkeit. Wir loben nicht die eine unter Ausschluß
der anderen. Dies macht den Reichtum der Disziplin der Kirche aus.«
(Ambrosius, vid. 23)
2.0 Hierarchien in der Kirche
Die Unkeuschheit stellt einen ungeregelten Genuss der geschlechtliche
Lust oder ein ungeordnetes Verlangen danach dar. Wenn die Geschlechtslust
ihrer selbst willen angestrebt wird, und wenn sie der liebenden
Vereinigung und von der Aufgabe der Weitergabe des Lebens und losgelöst
wird, ist sie ungeordnet.
2.0 Hierarchien in der Kirche
2.1 Kirchenrechtliche Bestimmungen
»Kraft Göttlicher Weisung gibt es in der Kirche unter
den Gläubigen geistliche Amtsträger, die im Recht auch
Kleriker genannt werden: die übrigen dagegen heißen auch
Laien. In diesen beiden Gruppen gibt es Gläubige, die sich
durch das Bekenntnis zu den evangelischen Räten … Gott
weihen und der Heilssendung der Kirche dienen.« (CIC, can.
207, §§ 1.2)
»Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter
Mann.« (CIC, can. 1024)
»Bis der Herr kommt in seiner Erhabenheit und alle Engel mit
ihm und nach der Vernichtung des Todes ihm alles unterworfen ist,
pilgern die einen von seinen Jüngern auf Erden, andere, die
dieses Leben vollendet haben, werden gereinigt, andere aber werden
verherrlicht und schauen deshalb, klar den dreifaltigen und einen
Gott selbst, wie er ist.« (LG 49)
2.2 Orientierung am historischen Jesus
Durch die Wahl Jesu wurde das Kollegium der Aposteln, bestehend
aus 12 Männer gewählt. Als Nachfolger der Apostel wirkt
heute das Bischofskollegium und zwar bis zur Wiederkehr Christi.
Die heutige Kirche ist an diese Bestimmung gebunden, deshalb ist
es nicht möglich, dass auch Frauen die Weihe erhalten, sie
können jedoch als Laien in der Gemeinschaft mitarbeiten.
3.0 Der Zölibat
3.1 Geschichtliche Notizen
Zum ersten Mal kam man im Konzil von Nizäa (325) auf den Zölibat
zu sprechen: »Das Konzil verbietet mit aller Schärfe
den Mischöfen, Priestern und Diakonen, kurzum allen Mitgliedern
des Klerus, eine Person anderen Geschlechts (bei sich) zu haben,
ausgenommen Mutter, Schwester oder Tante oder aber Frauen, bei denen
jegliche Verdächtigung gegenstandslos ist.« (Kanon 3).
Jedoch muss man hier anmerken, dass verheirateten Klerikern keine
Vorschriften gemacht wurden.
691 wurde die Trullanische Synode für die Ostkirche geschaffen,
welche heute noch gilt. Diese besagt, dass das Zölibatsgesetz
nur Bischöfe trifft, die übrigen Kleriker dürfen
vor ihrer Weihe heiraten. Das Hauptmotiv zur Einführung der
Enthaltsamkeit ist die Vorstellung, dass der Beischlaf kultunfähig
macht.
Gratian meint hierzu:
»Grund für diese Institution war die priesterliche Reinheit,
damit sie in allen Tagen frei dem Gebot obliegen könnten. Wenn
man sich nämlich vom Verkehr mit der Gattin enthalten soll,
um leichter dem Gebet obliegen zu können, dann dürfen
sich die Diener des Altars, denen das Gebet tägliche Pflicht
ist, nie dem Ehevollzug widmen.«
Mit dem Aufkommen der täglichen Eucharistiefeier (2. Hälfte
des 4. Jahrhunderts) kam die Zölibatsforderung.
3.2 Der Stellenwert der Ehe bei Paulus
Zum Thema Ehe meinte Paulus: »Wer zur Ehe schreitet, tut
gut, der nicht, tut besser!« Doch nicht nur Paulus scheint
gegen die Ehe zu sein. Die Apostel verkünden: »Selig
sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Selig
sind, die ihr Fleisch rein bewahrt haben, denn sie werden ein Tempel
Gottes werden. Selig sind die Enthaltsamen, denn Gott wird zu ihnen
reden.«
An dieser Stelle muss man bemerken, dass die Apostel verheiratet
waren. Paulus ist auch der Meinung, dass es im Himmel nicht Mann
und nicht Frau geben wird. Lukas meint zur Ehe und zu Enthaltsamkeit,
dass die Ehe ein Zeichen von den Kindern dieser Welt ist, also ein
Zeichen der Lebenden. Wer aber in die kommende Welt (Auferstehung)
eintreten will, heiratet nicht, somit ist er der Meinung, dass in
der Ehelosigkeit ein Stück der kommenden Welt bereits verwirklicht
ist.
3.3 Das Frauenbild bei Thomas von Aquin
Thomas von Aquin betrachtete die Frau als verstümmelten Mann,
und er stellte das weibliche Geschlecht mit anderen Missbildungen
der Natur in eine Linie.
3.4 Wieso gibt es eigentlich den Zölibat?
3.4.1 Die Vorstellung ritueller Reinheit
Am längsten hielt sich die Vorstellung der ritueller Reinheit,
da der Kult nicht mit Unreinheit, Befleckung durch Geschlechtlichkeit
oder Tod in Berührung kommen darf. Origenes untersagte schon,
dass an einem Ort des ehelichen Beisammenseins gebetet wird. Heutzutage
darf der Bischof einem Kleriker zwar erlauben die Messfeier außerhalb
der Kirche zu halten, aber der Kleriker darf die Messfeier niemals
in einem Schlafzimmer vollziehen.
3.4.2 »Reinheit« bei Jesus
Wenn man jedoch bedenkt, dass sich Jesus über das Sabbatgebot
hinwegsetzte wenn er es für nötig erachtete, dass er über
die rituellen Vorschriften bezüglich Speisen und des Weines
hinwegsetzte, kommt einem die Frage warum das Christentum den Zölibat
hat. Jesus kannte nur eine Reinheit, die Lauterkeit des Herzens.
In Matthäus 5,8 ist zu lesen, dass man durch das Wort »rein«
ist, und dass »unrein« nur der Verräter ist. Also
ist die Sünde an und für sich eine Unreinheit, und es
geht nicht nur um das Thema Sexualität. Jesus dachte nicht
in Begriffen von »kultisch rein« oder »unrein«.
Er verwehrt der blutflüssigen Frau nicht, ihn zu berühren,
er berührt auch Leichen und Särge. Das ehelose Leben Jesu
richtete sich also weder gegen die Frauen noch gegen die Ehe.
3.4.3 ...um des Himmelreiches willen
Paulus meint, dass der Kleriker nur dann seine Pflicht erfüllen
kann, wenn er nicht, durch eine Frau abgelenkt ist, denn er soll
ehelos sein, um des Himmelreiches Willen. Wenn der Kleriker jedoch
verheiratet ist, meint Paulus, dass es einen Glaubensabfall, psychische
Defekte und moralische Korrumpierung mit sich ziehen kann. Die Folge
dieser Anschauung ist die Diskriminierung von Priestern die heiraten
und in den Laienstand zurückkehren.
4.0 Die soziale Stellung der Frau in der Geschichte
4.1 Mann und Frau nach der Genesis
4.1.1 Mann und Frau als »Bild Gottes«
»Selig die Frieden stiften: denn sie werden Söhne Gottes
genannt werden.« (Mt 5,9) Anhand dieser Stelle in Matthäus,
könnte man meinen, dass die christliche Religion darauf aufgebaut
ist, dass die Frau nichts wert ist. Dies ist jedoch ein falsches
Bild, denn wie man nachstehend lesen kann, ist die Frau dem Manne
gleichgestellt. »Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde:
nach dem Bilde Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie«
(Gen 1,27) In der Genesis steht, wie man oben lesen kann, geschrieben,
dass Gott uns Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Wenn
man es streng sieht, steht in der Genesis nicht geschrieben, dass
es Unterschiede im Umgang mit den Geschlechtern gibt, aber stimmt
das wirklich?
4.1.2 Eine christliche Deutung
Nun, im Christentum sieht die Sache wie folgt aus: Mann und Frau
wurden von Gott erschaffen, das heißt sie sind gottgewollt.
Sie wurden in vollkommener Gleichheit als menschliche Person einerseits
und in ihrem Mannsein und Frausein erschaffen, ebenfalls wurden
sie in gleicher Würde »nach Gottes Bild« erschaffen
und in dem Mannsein und Frausein sollte sich die Weisheit und Güte
des Schöpfers widerspiegeln. Mann und Frau wurden miteinander
erschaffen und von Gott füreinander gewollt. »Es ist
nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe
machen, die ihm entspricht.« (Gen. 2,18)
4.1.3 Füreinander geschaffen
Da Gott die Frau aus einer Rippe Adams »baut«, entdeckt
Adam sie als sein anderes Ich, also als Mitmensch. Gott hat die
beiden Geschlechter füreinander erschaffen. Gott hat sie nicht
als einen halben, unvollständigen Menschen geschaffen. Eine
personale Gemeinschaft sollte im Mittelpunkt stehen, beide Personen
sollen füreinander Hilfe und Stütze sein, weil sie, wie
man in der Schöpfungsgeschichte lesen kann, einander gleich
sind (»Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von
meinem Fleisch«, Gen 2,23). Mann und Frau sollen sich gegenseitig
durch ihre Verschiedenheit ergänzen.
Durch die Ehe werden Mann und Frau eng miteinander verbunden (»ein
Fleisch«), um das Leben weitergeben können. »Seid
fruchtbar und vermehret Euch, bevölkert die Erde« (Gen
1,28)
4.1.4 Frauen in der Heilsgeschichte
Als bestellte Verwalter der Erde sollten sie, dem Plan Gottes zufolge,
sich die Erde untertan machen und sie sind dadurch auch verantwortlich
für sie. Frauen wie Eva, Maria, Sara, Judith, Rut und Hanna
spielen eine wichtige Rolle im Alten Testament. Gott erwählt
diese Frauen um Nachfahren mit einer göttlichen Weisung zu
zeugen. Eva gebar Kain und Abel, Maria gebar Jesus und Hanna gebar
Samuel. Schon hier ist ersichtlich, dass Frauen in der Geschichte
des Volkes Israel ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben.
Auch wenn Männer scheinbar die »großen« und
»erhabenen« Taten vollbrachten, spielten auch Frauen
eine wichtige Rolle, in dem »großen Spiel« der
Heilsgeschichte, welches Gott vorhatte.
4.2 Frauen und Männer bei Paulus
4.2.1 Der Mann als Gehirn der Frau?
»Ordnet Euch einander unter in der Furcht Christi. Ihr Frauen,
ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. Denn der Mann
ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Gemeinde
ist, die er als seinen Leib erlöst hat. Aber wie nun die Gemeinde
sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen ihren
Männern unterordnen in allen Dingen. Ihr Männer, liebt
eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat
sich selbst für sie dahingegeben.« (Eph. 5,21-25)
Dieser Ausschnitt aus dem Neuen Testament, den Paulus in einem Brief
an die Epheser schrieb, gibt eigentlich das genaue Gegenteil des
Alten Testamentes wieder.
Im Alten Testament ist die Rede von einer Gleichberechtigung zwischen
Mann und Frau, doch Paulus schreibt hier, dass die Frau dem Mann
untergeben ist, dass der Mann das Gehirn in einer Partnerschaft
ist und dass die Frau somit keinen eigenen Gedanken verfassen soll.
4.2.2 Paulus und die jüdische Tradition
Aber was brachte Paulus dazu, so über die Frauen zu denken?
Kommt dieses Denken vom Judentum her, da Paulus, wie die meisten
der ersten Christen - und übrigens auch Jesus, der Sohn Gottes
- Jude war? Im Judentum ist es heute immer noch so, dass vor allem
für Außenstehende die Frauen benachteiligt werden. Zum
Beispiel haben die Frauen in der Synagoge einen eigenen Balkon bzw.
ein eigenes Abteil im hinteren Teil, doch dies bedeutet nicht, dass
die Frau nicht am Gottesdienst teilhaben darf und wird folgendermaßen
begründet: Die Frauen hatten immer die Aufgabe auf ihre Kinder
zu achten und damit sie den Gottesdienst nicht stören, wenn
sie einmal zu spät kommen, weil sie auf ihre Kinder achten
mussten, hatte man ein eigenes Abteil für sie errichtet. Wenn
seine Haltung gegenüber den Frauen nicht auf seine jüdischen
Wurzeln zurückging, wieso schrieb Paulus so »schlecht«
von den Frauen?
4.2.3 Gleichberechtigung heute
Wenn man sich nun ein wenig die Geschichte ansieht lässt sich
erkennen, dass ein Großteil der Männer so gehandelt haben.
Besonders in den letzten Jahren kann man beobachten, dass, vor allem
in der Wirtschaft, die Frauen benachteiligt waren. Entweder sie
verdienten nicht so viel wie ein Mann in derselben Position und
für die selbe Arbeit oder sie bekamen keine Führungspositionen.
Doch auch hier gab es in den letzten Jahren eine Veränderung,
obwohl einige Positionen immer noch nicht gleich bezahlt werden,
gibt es heute immer mehr Frauen in Führungspositionen.
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